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Volle Fahrt voraus und Kurs auf’s Riff!

Dieser Beitrag ist Teil 8 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Wieder einmal ist ein Jahr vorüber.

Wieder einmal steht der Jahreswechsel kurz bevor. Fast schon höre ich seine Schritte vor meiner Tür. Gleich wird er anklopfen und, ob ich ihn nun hereinlassen möchte oder nicht, kurz darauf vor mir stehen und mir ein enthusiastisches „Hallo, da bin ich!“ entgegenrufen.

Könnte ich ihn doch auch nur so ausgelassen und unbeschwert begrüßen…

Doch irgendwie will mir das in diesem Jahr nicht gelingen.

Daß ich an diesem Silvesterabend des Jahres 2023 allein an meinem Schreibtisch sitze und diesen Text schreibe, hat allerdings nichts mit dieser eher gedämpften Stimmung zu tun, die mich momentan umfängt. Vielmehr ist mir das mittlerweile eine liebgewordene Tradition geworden, den letzten Abend eines jeden Jahres allein zu verbringen, mich bei einem Glas roten Weins ein wenig zu besinnen und Rückschau zu halten auf die zurückliegenden 365 Tage, fernab von Partytrubel und Knallerei.

Nein, der Dämpfer, den meine Stimmung gerade erfährt, ist eher das Ergebnis der Situation, in der ich mich am Ende dieses Jahres wiederzufinden das Mißvergnügen habe und die mir eben diese Rückschau deutlich vor Augen führt. Da hilft es auch nicht gerade, noch einmal einen Blick in meinen Text zum vorangegangenen Jahreswechsel zu werfen, offenbart mir dieser doch, daß die Entwicklung dieses Jahres keine neue, sondern lediglich die konsequente Fortsetzung jener des Vorjahres ist. Der damals von mir zitierte Pessimist hat offenbar recht behalten. Leider.

Denke ich über das vergangene Jahr nach, fallen mir, was die allgemeine Lage der Welt anbetrifft, eigentlich nur Dinge ein, die mein Fazit von vor einem Jahr, daß jene vollkommen verrückt geworden sei, nur bestätigen.

Noch immer ist Krieg. Im europäischen Osten hat er nicht aufgehört. Im Nahen Osten ist einer dazugekommen. Und weil im Fernen Osten noch viel zu wenig los ist, versucht man offenbar auch dort, einen herbeizuführen. Nur eines macht man nicht: Konflikte friedlich lösen. Denn Frieden bekommt man schließlich nur mit Waffen, oder? Warum sonst liefern wir die andauernd überall hin?

Und damit keiner auf die Idee kommt, das zu hinterfragen, wird bei jedem Konflikt vehement verlangt, daß man sich als Erstes mal auf eine Seite schlägt. Und zwar auf die richtige. Also paßt man am besten genau auf, welche das gerade wieder ist. Und wer es ganz richtig machen will, schwenkt auch noch eine Fahne dazu. Oder hängt sie irgendwo auf, wo sie auch jeder sieht.

Muß ich auch?
Ja!

Na gut, dann tue ich das. Ich bin auf der Seite des Friedens. Das ist auch wieder falsch? Wieso? Ach, die steht gar nicht zur Wahl? Bringt wohl zu wenig Profit und Gewinne ein… Nun, dann mache ich da eben wieder mal nicht mit. Das kenne ich ja schon aus den letzten drei Jahren.

Was war noch? Pleiten gab’s. Jede Menge davon. Benko und Signa, Real, Peek & Cloppenburg, Reno, Hallhuber, Gerry Weber, Klingel… Die Liste ist lang und wird beinahe tagtäglich länger, wie man in den Medien lesen kann. Das Wort „einwecken“ hätten wir fast aus dem deutschen Wortschatz streichen müssen, denn das Unternehmen Weck konnte nur gerade so gerettet werden.

Aber so schlimm ist das ja nicht. Pleite, ach was! Da hören halt mal ein paar Unternehmen auf zu produzieren. Was macht das schon? Da sind die doch nicht gleich insolvent. Machen die halt irgendwann später weiter. Sagte der Wirtschaftsminister. Und der muß es ja wissen, oder?

Komisch nur, daß das mittlerweile im Alltag spürbar wird. In meiner näheren Umgebung schließen mehr und mehr Läden ihre Pforten. Und irgendwie sieht es stets so gar nicht danach aus, als wollten sie ihre Geschäfte irgendwann später wieder aufnehmen. Kurze Zeit darauf sind die Schaufenster leer und die Verkaufsräume komplett ausgeräumt. Und das bleibt dann so. Woran das wohl liegt? Vielleicht ist man ja doch recht schnell insolvent, wenn man nichts mehr produziert und verkauft…

Sind wir froh, daß wenigstens Reparaturen noch stattfinden, wenn mal was kaputtgeht. Das kann dann halt nur ein wenig dauern. Mitte dieses Jahres wurde in meinem Wohnhaus ein Fahrstuhl repariert. Der war nur ein reichliches Jahr kaputt. Auf die Reparatur des zweiten, der sich kurz danach in eine Betriebspause verabschiedet hat, warte ich allerdings noch. Wird wahrscheinlich erst im nächsten Sommer was. Und ich bin schon sehr gespannt, wie lange es dauert, bis die Hauseingangstür repariert wird, die sich nicht mehr öffnen läßt. Wenn ich die Zeit von einem knappen Jahr für die Renovierung der Kellerräume nach dem Brand im Jahr 2022 als Maßstab nehme, wird das wohl noch eine Weile so bleiben. Dafür haben wir jetzt eine Zentrale, die wir Mieter anrufen können, wenn etwas in unseren Wohnungen kaputtgeht. Die organisieren dann die Reparatur. Komisch nur, daß ich denen manchmal, wenn ich anrufe, erstmal erklären muß, wo sich mein Haus überhaupt befindet…

Von Bahn und Post will ich hier gar nicht erst anfangen. Zu letzterer habe ich in diesem Jahr bereits einen längeren Erlebnisbericht verfaßt, ersterer habe ich mittlerweile eine eigene Artikelserie gewidmet, die allein in diesem Jahr um drei neue Beiträge gewachsen ist. Was ich dort zu beschreiben die Ehre hatte, zeigt: da ist mittlerweile Scheitern der Normalzustand.

Auch von der Klimapanik und den Klimaklebern mit ihren Aktionen will ich hier nur schreiben, daß ich sie fragwürdig finde – ein Ausdruck, der zwar nicht annähernd zutreffend beschreibt, was mir wirklich durch den Kopf geht, doch die drastischeren Ausdrücke, die das täten, wären an dieser Stelle nicht druckfähig. Stets, wenn ich etwas über sie lese, frage ich mich, welche Vorstellung diese Leute von der Wirkung ihrer Aktionen eigentlich haben. Wieso glauben sie, ihrem selbsterklärten Ziel, die Gesellschaft bezüglich der Dringlichkeit des Handelns gegen den Klimawandel aufzurütteln, auch nur einen Millimeter näherzukommen, wenn sie die Bürger dieses Landes gegen sich aufbringen und in Wut versetzen. Denn viel mehr haben sie zumindest bei mir nicht erreicht. Wie auch soll ich mich bemüßigt fühlen, sachlich über dieses Thema – für wie sinnvoll man es auch immer halten mag – nachzudenken, wenn ich wütend darüber bin, daß zwei Wahrzeichen meiner Heimatstadt, das Brandenburger Tor und die Weltzeituhr, stark verschmutzt und teilweise schwer beschädigt wurden? Da ist mir die Motivation aber so was von egal!

Ich denke, ich höre an dieser Stelle lieber auf damit, das Jahr 2023 in größeren Kontexten Revue passieren zu lassen. Sollte ich dafür ein Fazit ziehen, würde ich es gar nicht erst versuchen, sondern einfach auf das Lied „Das Narrenschiff“ von Reinhard Mey verweisen, das er im Jahr 1997 veröffentlicht hat. Wer hätte damals wohl gedacht, daß es 2023 eine exakte Zustandsbeschreibung unserer Zeit und unseres Landes abgeben würde.

Schaue ich also auf der Suche nach Erfreulicherem in diesem Jahr 2023 auf eigene Erlebnisse.

Nun, da wäre zunächst eines, das definitiv nicht in diese Kategorie fällt, bin ich doch im April knapp einem Wohnungsbrand entgangen. Eine Steckdose, die nicht einmal benutzt wurde, hatte sich einfach so selbst entzündet. Sie dachte wohl, sie paßt sich mal der allgemeinen Lage an und löst sich in Rauch auf. Glücklicherweise war ich gerade zu Hause, so daß ich den Brand noch rechtzeitig bemerken und selbst löschen konnte. Eine Renovierung war dennoch erforderlich. Ich nutzte die Gelegenheit, gleich die ganze Wohnung wieder auf Vordermann zu bringen – oder besser: bringen zu lassen. Und da ich das nicht selbst tun wollte – das letzte Mal zehn Jahre zuvor saß mir gewissermaßen immer noch in den Knochen -, entschloß ich mich dazu, eine Malerfirma zu beauftragen. Meine Wahl fiel auf „Die Anstreicherinnen“ und ich habe sie nicht bereut, denn sie erledigten den Job in nur drei Tagen schnell und in erstklassiger Qualität! Mag das hier auch ein wenig Werbung sein, so ist es mir egal, denn: Ehre, wem Ehre gebührt!

So brachte mir das Jahr 2023 also eine schön renovierte Wohnung – etwas, das ich gar nicht hoch genug schätzen kann! Und weil das natürlich für mich dennoch nicht ganz ohne Arbeit abging – immerhin mußte für die Malerarbeiten ja Platz geschaffen werden -, gönnte ich mir im Herbst dann noch einen Urlaub. Und dieser war für mich gleich doppelt nötig und wichtig, denn es war der erste richtige Urlaub seit mehr als drei Jahren. Als jemand, der – wie bereits erwähnt – in diesen drei Jahren bei dem großen Treiben nicht mitgemacht hat, war es mir in dieser Zeit nicht möglich gewesen, Urlaubsreisen zu unternehmen. Doch nun, da die leidige Pandemie endlich besiegt war – wenn auch eher bedingt durch die Kriegsereignisse, die nun die Medienkanäle füllten, als daß sich wirklich etwas am Erkältungsgeschehen geändert hätte -, war es soweit. Und zur Feier dieses Anlasses hatte ich mir etwas für mich ganz Besonderes ausgewählt: eine Flußkreuzfahrt!

Etwas Derartiges hatte ich noch nie unternommen. Zwar befürchtete ich, daß ich bei einem solchen Unternehmen den Altersdurchschnitt der Teilnehmer ganz entschieden senken würde – was auch tatsächlich der Fall war -, doch das spielte keine Rolle. Warum auch? Es gibt in jeder Altersgruppe nette Leute – und ich lernte auf der Reise auch solche kennen. Diese startete in Regensburg, führte die Donau ein Stück flußauf, dann durch den Main-Donau-Kanal an Nürnberg vorüber nach Bamberg, von wo es den Main flußabwärts ging. Würzburg, Wertheim und Frankfurt lagen auf dem Weg und waren mir natürlich jeweils einen Ausflug wert. Weiter ging es nach Mainz, wo das Schiff in den Rhein einbog. Von Rüdesheim ging es durch den vielleicht schönsten Abschnitt des Flusses: das Mittlere Rheintal. Von Koblenz an führte die Fahrt die Mosel flußauf, an Cochem vorüber bis nach Trier. Zehn Tage war ich unterwegs, an die ich dann noch eine Woche Trier anhängte. Alles in allem eine wunderschöne Fahrt mit herrlichen Eindrücken, nicht nur von phänomenal schönen Landschaften mit Flußtälern, Weinbergen und Wäldern, sondern auch von teils pittoresken, teils majestätischen mittelalterlichen Städten. Gerade in diesen Zeiten, in denen man um Ängste, Unruhe und Streß kaum noch herumkommt, war diese Reise ein echtes Erlebnis voller Ruhe und Entspannung, weit abseits von den Irrungen und Wirrungen dieser Welt. Es kam gar nicht darauf an, irgendwo hinzukommen, irgendwo zu sein, irgendetwas gesehen haben zu müssen. Vielmehr war es schön, das Gefühl zu haben, einfach nur unterwegs zu sein und sich die Welt anzusehen, die sich auf einmal als gar nicht so verrückt erwies, wie man sie tagtäglich erlebt, sobald man die Zeitung aufschlägt, den Fernseher oder das Radio anschaltet und von überallher hört, welche Katastrophen sich gerade wieder irgendwo ereignet haben. Und so habe ich neben den vielen schönen Eindrücken eben auch dies von meiner Reise mitgenommen: von Zeit zu Zeit ist es nicht nur ganz erholsam, sondern regelrecht lebensnotwendig, sich eine Auszeit zu nehmen – eine Auszeit von den Medien, ob digital oder analog, und eine Auszeit von der Angst und von der Panik, die sie ständig verbreiten. Stattdessen muß man sich den schönen Dingen widmen. Spazieren oder Wandern in der Natur, Treffen mit guten Freunden, mit denen man gute und bereichernde Gespräche führt und gemeinsame Aktivitäten betreibt, der Genuß eines guten Glas Weins, das Lesen eines guten Buches und noch vieles mehr gehören dazu. Man muß sich bewußt machen, daß sie auch noch da sind, sonst gehen sie in all dem Chaos, all den Wirren, all den Ängsten und negativen Dingen, die Tag für Tag auf uns einprasseln, völlig unter. Und das sorgt für eine permanente, unterschwellige Nervosität, für Unruhe, für Streß, für Anspannung. Und das mag alles sein, keinesfalls aber gesund. Mein Tip ist daher, Fernseher und Radio, wenn nicht ganz zu entsorgen, so doch aber wenigstens aus der täglichen Routine zu entfernen und nur noch gelegentlich und dann ganz bewußt zu nutzen, wenn man sich dem gewachsen fühlt und sich darauf einstellt. So können all die negativen Einflüsse, die sie verbreiten, nicht unbewußt auf uns wirken.

Und so mag das Jahr 2024 vielleicht genauso chaotisch werden wie das zurückliegende Jahr, möglicherweise wird es sogar verrückter – es gibt gegenwärtig leider genug Grund zu der Annahme, daß das Ziel unserer Steuerleute das Riff ist – ob aus Unkenntnis, Unvermögen oder Absicht, spielt eigentlich keine große Rolle. Doch wenn wir für uns selbst, den entsprechenden Ausgleich mit den schönen Dingen des Lebens und damit für unser eigenes Wohlbefinden sorgen, wenn wir uns auf die für uns wichtigen Personen besinnen und sie mit unserem Leben verbinden, so daß wir Teil einer guten Gemeinschaft sind, dann sorgen wir auf diese Weise vielleicht für das nötige Rettungsboot und werden auch das überstehen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein schönes, ein gesundes, streß- und angstfreieres Jahr 2024.

Alles wird besser. Ganz bestimmt.

Dieser Beitrag ist Teil 7 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Es kann eigentlich nur besser werden.

Ein Satz aus meinem Text zum Jahresende 2021. Genauer gesagt: der Schlußsatz. Er sollte Hoffnung ausdrücken. Auf Besserung. Auf Normalisierung. Auf die Rückkehr zu einem Leben, das wir selbstbestimmt führen können, frei von Angst, in die wir beständig versetzt werden, sobald wir den Fernseher anmachen, das Radio einschalten, die Zeitung aufschlagen oder eine Nachrichtenseite im Internet öffnen.

Was ist daraus geworden?

Nun, ich lebe noch. Das ist schon mal gut. Und nicht selbstverständlich. Immerhin wurde mein sicherer Tod für Ende März prophezeit, schließlich hatte weder eine gewisse Spritze Zugang zu meinem Körper gefunden, noch war ich genesen. Nun, letzteres konnte ich auch nicht sein, denn dafür hätte ich ja vorher erst einmal krank sein müssen. War ich aber nicht. Was ja auch wieder gut ist.

Kinos, Konzerthäuser- und -hallen, Theater, Opernhäuser stehen ebenso wie Restaurants wieder allen offen. Veranstaltungen finden wieder statt. Auch eine signifikante Verbesserung. Allerdings ist mir in der Zeit zuvor, als ich zu jenen gehörte, die man von diesen Orten ausschloß, zu einem gewissen Grad das Interesse an ihnen verlorengegangen. Obwohl es mir wieder möglich war, habe ich in diesem Jahr nicht ein einziges Mal ein Kino aufgesucht. Und auch Konzerte standen bei mir nicht mehr allzu hoch im Kurs. Lediglich zwei habe ich mit einem Besuch beehrt. Und auch die waren lediglich Nachholveranstaltungen für solche, die zwei Jahre zuvor abgesagt worden waren, so daß ich die Karten noch herumzuliegen hatte. Dabei hatte ich doch Kino- und Konzertbesuche einst ausgesprochen gerne in meinem Terminkalender gesehen.

Was war geschehen? Zunächst war ich selbst ein wenig überrascht. Hatte ich nicht zuvor noch unbändigen Ärger darüber verspürt, daß mir all das verwehrt war? Hatte ich nicht das Gefühl gehabt, daß man mir etwas Wichtiges entzogen hatte? Hatte ich mich nicht ausgeschlossen gefühlt? Mich nicht danach gesehnt, all das wiederzuerlangen? Daran teilhaben zu dürfen?

Warum also war es nun, da ich es wiederhatte, so unwichtig geworden? War es Trotz? Ich horchte in mich hinein. Nichts. Um etwas aus Trotz ablehnen zu können, hätte ich dafür ja zunächst einmal wirkliches Interesse verspüren müssen. Doch da war nichts.

Gar nichts. Selbst der Ärger, an den ich mich erinnerte und der mich anfangs sehr beherrscht hatte, schien irgendwie schon eine sehr lange Weile nicht mehr vorhanden zu sein. Mir war nicht bewußt, wann ich ihn verloren hatte und wann er offenbar durch Desinteresse an den entzogenen Dingen ersetzt worden war. Doch tatsächlich war es genau das: Desinteresse.

Ganz offensichtlich hatte ich mich in der Zeit, in der mir all dies nicht mehr zur Verfügung stand, davon abgewandt und mir neue Felder der Betätigung gesucht. Obwohl, so wirklich neu waren diese gar nicht. Tatsächlich hatte ich meinen Fokus verstärkt auf Beschäftigungen gerichtet, die mir schon immer Freude bereitet hatten. Allerdings waren das nun Beschäftigungen, die ich gut und gerne auch allein ausüben konnte, ohne dabei auf irgendeine Einrichtung angewiesen zu sein.

So wandte ich mich beispielsweise wieder mehr dem Schreiben zu, widmete ich mich verstärkt meinem Berlin-Blog. Innerhalb kürzester Zeit beendete ich erfolgreich die Arbeit an einer Artikelserie über die Berliner Garnisonkirche, die mich zuvor fast zwei Jahre in Anspruch genommen hatte. Auch hier in meinem privaten Blog verfaßte ich eine Reihe von Artikeln, mit denen ich mich an verschiedenen Dingen ausprobierte, von Gedichten bis Reiseberichten. Ich unternahm Fototouren durch und um meine Heimatstadt Berlin und beschäftigte mich anschließend mit dem weiten Feld der Fotobearbeitung. Und ich las – eine Beschäftigung, der ich schon immer gern meine Zeit widmete. Auf meiner Leseliste standen nun vorwiegend aktuelle Bücher, die mir dabei helfen sollten, zu verstehen, was in dieser scheinbar so irren Welt von heute eigentlich vor sich ging.

Und ich bin glücklich damit. All das verschafft mir mehr Zufriedenheit, als es jeder Kino- oder Konzertbesuch könnte, der mich nur für einen Abend gut unterhält – und das auch nur, wenn ich Glück habe. Also auch keine ganz schlechte Entwicklung.

Und sonst?

Ich schlage eine beliebige Zeitung auf.

Krieg.
In Europa.
In der Ukraine.
Der erste Krieg in Europa seit 1945.
Das stimmt zwar nicht, ist aber egal.
Der Krieg muß beendet werden.
Das geht aber nur mit mehr Waffen.
Im Jemen ist auch Krieg.
Ist aber nicht so wichtig.
Syrien auch nicht.
Sanktionen.
Um Rußland zu schaden.
Tun sie aber nicht.
Deutschland aber.
Na immerhin schaden sie.
Energiekrise.
Erdgasmangel.
Erdöl fehlt auch.
Blackouts drohen.
Nein, die kommen ganz gewiß.
Oder auch nicht.
Wir haben die Energiewende vorangebracht.
Wir nutzen wieder mehr Kohle zur Energiegewinnung.
Äh… was?
Egal.
Eventuell müssen wir frieren im Winter.
Ist aber für eine gute Sache.
Da müssen wir durch.
Solidarisch sein.
Alles wird teurer.
Die schreckliche Inflation.
Putschversuch in Deutschland.
Die böse rechte Rentnergang.
Gerade noch rechtzeitig gestoppt.
Nochmal Glück gehabt.
Corona gibt’s auch noch.
Wird bestimmt wieder ganz schlimm in diesem Winter.
Bis Frühjahr noch durchhalten.
Einmal noch.
In China gibt’s neue Virusvarianten.
Vielleicht.
Oder doch nicht.
Die Grippe ist auch wieder da.
Und RSV dazu.
Alles ganz schlimm.
Und der Klimawandel.
Vergeßt den Klimawandel nicht!
Den müssen wir verhindern!
Am besten, wir kleben uns irgendwo fest.
Oder beschädigen Kunstwerke.
Das hilft bestimmt.

Ich schließe die Zeitung wieder. Die Welt ist komplett verrückt geworden.

Fragte man einen Optimisten, ob er dazu etwas zu sagen wisse, würde er sicher antworten:

Alles wird besser.

Bäte man einen Pessimisten, dies zu kommentieren, würde er wohl ergänzen:

Doch nie wieder gut.

Hoffen wir, daß der Optimist recht behält. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein gesundes und ein glückliches Jahr 2023.

Trotzdem. Oder gerade deswegen.

Angst? Kauf ich nicht!

Dieser Beitrag ist Teil 6 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

„Vorbei. Aus. Vorüber.

Und auch, wenn ich versucht bin, noch ein „Endlich!“ hinterherzudenken, tue ich es nicht. Denn das Jahr mag zu Ende gegangen sein. Die aktuelle Situation ist es nicht.“

Hätte ich diese Sätze nicht in Anführungszeichen gesetzt, sondern diesen Text ohne weiteres mit ihnen begonnen – man würde nicht merken, daß sie ein Zitat sind. Ich hätte sie unverändert direkt als Fazit für dieses ausgehende Jahr 2021 schreiben können. Tatsächlich aber entstammen sie meinem Jahresendtext von 2020.

Und allein diese Tatsache zeigt, daß sich seitdem wenig geändert hat.

„Momentan haben alle Angst. Aber jeder vor etwas anderem. Vor einem Virus. Vor dem Tod. Vor den Maßnahmen dagegen. Vor dem Zerfall der Gesellschaft. Vor was weiß ich.“

Auch das schrieb ich vor einem Jahr. Und es stimmt nach wie vor. Vorangekommen sind wir nur bei den Gründen für die Angst. Die sind vielfältiger geworden. Manchmal kommt es mir vor, als befände ich mich auf einem riesigen Markt, bei dem ich den Ausgang nicht finden kann. Und überall stehen Marktschreier und brüllen sich die Seele aus dem Leib:

„Heute wieder Angst im Angebot! Wer will noch mal, wer hat noch nicht?! Wir haben für jeden die passende Furcht dabei! Greifen Sie zu! Was soll es sein? Viren? Virusvarianten? Krankheit und Tod? Medizinische Nebenwirkungen? Zwang? Ausgeschlossen werden? Alleinsein? Und das war noch längst nicht alles! Was, Sie wollen nicht? Sie brauchen keine Angst? Papperlapapp! Glauben Sie ja nicht, Sie könnten uns entkommen! Früher oder später haben wir auch Sie am Haken…“

Und ich? Ich versuche, nicht hinzuhören. Wozu auch? Das trägt nichts, aber auch gar nichts dazu bei, das Leben in irgendeiner Weise besser zu machen. Ganz im Gegenteil.

Situationen wie diese, in der wir alle gerade stecken, sind schwer zu ertragen. Für den einen mehr, für die andere weniger, doch spurlos gehen sie an keinem vorüber. Aber wenn ich etwas benennen sollte, was daran vielleicht doch auch ein ganz kleines Bißchen gut sein könnte, so wäre es die Möglichkeit, daß sie einem vor Augen führen können, was für einen selbst im Leben wichtig ist und was nicht. Bereits im vorangegangenen Jahresendtext habe ich mich mit diesem Gedanken beschäftigt. Und ihn in diesem Jahr weiterverfolgt.

Und das hatte durchaus Folgen. Einen Jobwechsel beispielsweise. Der war ebenso unverhofft wie erfolgreich. Nicht, daß ich unglücklich in meiner alten Stelle gewesen wäre. Aber es hat eben doch etwas gefehlt. Ein größerer Zusammenhang sozusagen. Man könnte es auch einen tieferen Zweck nennen. Daß ich diesen mittlerweile immer wieder neu suchen mußte, hatte sich schon etwas länger abgezeichnet, ist mir aber erst in diesem Jahr so richtig klar geworden. Und wie das manchmal so ist, wenn man sich Dinge bewußt macht und sie annimmt, ergeben sich plötzlich und zufällig Gelegenheiten zur Änderung. Aber vielleicht sind diese ja gar nicht so zufällig? Vielleicht ist es erst diese neue Haltung, die man mit der Erkenntnis und ihrer Akzeptanz eingenommen hat, die einen diese scheinbar zufälligen Gelegenheiten überhaupt sehen läßt? Wie dem auch sei – mir legte sich der Weg zu einer solchen Gelegenheit unter die Füße und ich entschloß mich, ihn zu gehen. Keine ganz leichte Entscheidung in der aktuellen Situation, aber ich habe sie getroffen. Jetzt ist schon wieder ein halbes Jahr im neuen Job vergangen. Die Probezeit ist überstanden und ich bin rundum zufrieden.

Die Überlegung, was für mich wichtig ist und was nicht, führte mich in diesem Jahr noch zu einer gänzlich anders gelagerten Entscheidung. Daß intensiver Medienkonsum dem eigenen Wohlbefinden nicht wirklich gut tut, hatte ich bereits letztes Jahr festgestellt. Und so habe ich ihn – trotz einer Phase, in der ich diesen Vorsatz etwas aus den Augen verloren hatte – in diesem Jahr auch weiter eingeschränkt. Nicht mehr überall das Ohr hinhalten, nicht mehr überall mitlesen, um nur ja nichts zu verpassen. Dabei geht es gar nicht mal so sehr um Pausen beziehungsweise medienfreie Zeiten. Klar, die sind manchmal ganz nützlich. Vor allem, um zur Ruhe zu kommen. Da man sich, will man nicht völlig ahnungslos bleiben, aber doch hin und wieder informieren muß, ist ein anderer Aspekt jedoch viel wichtiger. Und der heißt Auswahl. Rationale Stimmen identifizieren und diese auswählen, während man die Kakophonie der sich gegenseitig überbrüllenden medialen Widersacher konsequent ausblendet. Das ist nicht einfach, aber allein das hilft, in dem Durcheinander von Nachrichten, Falschmeldungen, Meinungen, Beeinflussung und Propaganda, das aus allen Richtungen zu jeder Zeit auf uns einprasselt, nicht völlig unterzugehen und – da bin ich wieder beim Anfang dieses Textes – kopflos in alle möglichen Ängste zu verfallen.

Doch diese Auswahl – und jetzt komme ich zu der Entscheidung, die ich getroffen habe – ist nicht möglich, wenn man nicht die Kanäle, über die man Informationen bezieht, ebenso auf den Prüfstand stellt. Während ich in kompletten Auszeiten – womit eigentlich digitale Auszeiten gemeint sind, denn Fernsehen und papierne Zeitungen kommen in meinem Leben schon eine ganze Weile nicht mehr vor – recht erfolgreich darin war, alles immer wieder nutzlose Aufregung Verursachende auszublenden, gelang mir das ansonsten kaum. Warum war das so? Nun, es lohnt nicht, daraus ein großes Geheimnis zu machen, denn der Grund dürfte kaum jemanden überraschen. Es waren – natürlich – die sozialen Netzwerke, über die die Kakophonie des medialen Wahnsinns immer noch Zugang zu mir hatte. Und ich war ja auch bei genügend davon vertreten. Facebook. Twitter. Instagram. LinkedIn. Xing. Da folgte ich allerlei Profilen, Seiten, was auch immer, die ich irgendwann einmal interessant gefunden hatte. Und sie alle posteten den lieben langen Tag dies und das. Dazu kamen dann noch all die vielen „Freunde“, „Follower“, „Netzwerker“ oder wie sie jeweils alle genannt werden. Manche hatte ich schon lange nicht mehr oder gar noch nie persönlich getroffen. Und so mancher fühlte sich berufen, den aktuellen Dauerzustand zu kommentieren, seine Meinung dazu aller Welt kundzutun oder aber die anderer, mir völlig unbekannter Leute zu teilen, auf daß ich sie unbedingt auch zur Kenntnis nehmen solle. Kaum öffnete ich die App irgendeines dieser sozialen Netzwerke, purzelten mir Meldungen irgendwelcher Nachrichtenkanäle, von denen ich bis dahin noch nie etwas gehört hatte und die ich sonst nie gesehen hätte, entgegen. Und niemand, wirklich niemand schien dabei noch irgendein anderes Thema zu kennen als Corona und alles, was irgendwie damit zusammenhängt. Und wer keine Medien- oder Blogartikel weiterleitete, postete Cartoons oder Zitate – natürlich über nichts anderes als „Coronagläubige“ oder „Impfgegner“, „Maßnahmenverweigerer“ oder „Maßnahmenbefürworter“, „Dies“ oder „Das“. Und alle hatten sie nur eines gemeinsam: so gut wie ausnahmslos völlig unlustig beziehungsweise geistlos zu sein.

All das sorgte beständig dafür, daß ich damit geistig in Atem gehalten blieb, mich oft genug sogar aufregte – ein Zustand, der irgendwann derart unhaltbar wurde, daß ich mich kurzerhand zur Radikalkur entschied: ich meldete mich ab, ich war raus. Von Facebook. Von Twitter. Von Instagram. Von LinkedIn. Von Xing. Und wo ich sonst noch irgendein Profil angelegt hatte.

Seitdem ist Ruhe. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und es ist wohltuend. Ich brauche diese sogenannten sozialen Netzwerke nicht. Zu nichts. Ein Leben im Digitalen wird es nicht geben. Nicht für mich. Denn letzten Endes sind dort nur Abziehbilder von Menschen zu finden. Sonst nichts.

Wer Kontakt mit mir will, kann das gern persönlich tun. Ich halte es ebenso. Sich begegnen. Miteinander reden. Einander zuhören. Aufeinander eingehen. Das macht menschlichen Kontakt aus. Und ist um so vieles schöner. Selbst, wenn man mal verschiedener Meinung ist.

In diesem Sinne wünsche ich Euch, mir, uns allen ein wieder kontaktreicheres Jahr 2022. Es kann eigentlich nur besser werden.

Keine Angst

Dieser Beitrag ist Teil 5 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Vorbei. Aus. Vorüber.

An jedem Jahresende, am Silvesterabend, ist es mir mittlerweile eine liebe Tradition geworden, mich entgegen dem allgemeinen Treiben meiner Mitmenschen zurückzuziehen und ein wenig innere Einkehr zu halten, zu reflektieren, was war, darüber nachzudenken, was ist, und die eine oder andere Vorstellung zu entwickeln, wie es im neuen Jahr weitergehen soll, mir zu überlegen, was ich ändern möchte, aber auch, was ich beibehalten oder weiterentwickeln will. Und so sitze ich auch jetzt wieder bei einem guten Glas Wein im Schein einer kleinen Lampe und denke über dieses vergangene Jahr nach.

Der erste Gedanke, der mir in den Sinn kam, als ich diesen Text begann, steht gleich an seinem Anfang.

Vorbei. Aus. Vorüber.

Und auch, wenn ich versucht bin, noch ein „Endlich!“ hinterherzudenken, tue ich es nicht. Denn das Jahr mag zu Ende gegangen sein. Die aktuelle Situation ist es nicht.

Dieses Jahr 2020, es hat mich in mehrfacher Weise sprachlos gemacht. Unmittelbar ablesen kann ich das schon allein daran, daß dieser kleine Jahresendtext unmittelbar auf den des vorigen Jahres folgt.

Doch was soll ich zu diesem Jahr denn auch sagen. Daß ich zu seinem Beginn nie und nimmer damit gerechnet hätte, daß es so verlaufen würde, wie es verlaufen ist? Eine Binsenweisheit. Wer hätte das denn? Hätte ich jedes Mal auch nur einen Cent erhalten, wenn in diesem Jahr jemand einen Satz mit den Worten „Hätte mir vor einem Jahr jemand gesagt, daß heute…“ in meiner Gegenwart begonnen hat oder ich einen solchen gelesen habe, ich wäre mittlerweile steinreich.

Was gäbe es denn sonst über 2020 und die aktuelle, weiter andauernde Situation zu sagen, was nicht irgendwer im Laufe des Jahres irgendwann einmal schon geäußert hat? Mir fällt nichts ein. Nach meinem Eindruck ist es so, wie Karl Valentin es einst formulierte:

Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.

Da muß ich nicht auch noch mittun. Und ich will es auch nicht, denn es brächte nur sinnlose Aufregung. Und so denke ich lieber darüber nach, was mir dieses Jahr ganz persönlich an Erkenntnissen beschert hat.

Angst ist kein guter Ratgeber.

So sagt es ein Sprichwort. Momentan haben alle Angst. Aber jeder vor etwas anderem. Vor einem Virus. Vor dem Tod. Vor den Maßnahmen dagegen. Vor dem Zerfall der Gesellschaft. Vor was weiß ich. Auch mir ist Angst in diesem Jahr nicht fremd geblieben. Nun ist Angst an sich ja ein gutes und wichtiges Gefühl in einer konkreten Gefahrensituation, denn es hält uns davon ab, leichtsinnig zu agieren, und bringt uns dazu, auf unsere Sicherheit bedacht zu sein. Es ist jedoch ein völlig kontraproduktives Gefühl, wenn es zum Dauerzustand wird. Wenn es sich zur Panik steigert. Aus welchem Grund auch immer.

Und so bemühe ich mich nun aktiv, die Angst loszulassen. Das schreibt sich einfacher, als es ist.

Was dabei auf jeden Fall hilft, ist die Einschränkung des Medienkonsums. Nicht mehr jeden Tag auf irgendwelche Zahlen, R- und sonstige Werte und Diagramme mit auf- und absteigenden Kurven (je nachdem, wer sie gerade wieder zu welchem Zweck veröffentlicht) starren, nicht mehr jeden Tag irgendwelche Meinungsartikel studieren, die entweder wilde Szenarios totalitärer Zukunftsaussichten entwerfen oder die neuesten Maßnahmen anpreisen, nicht mehr jeden Tag die neuesten Horrorschlagzeilen lesen, nicht mehr jeden Tag nachsehen, was gerade bei Twitter oder sonstwo trendet oder wer wieder wen wegen irgendwas beschuldigt oder beleidigt – all das mal für eine gewisse Zeit einfach wegzulassen, ist ungemein befriedend. Und so verzichte ich zeitweise ganz auf Medien und nehme eine komplette Auszeit.  Das sorgt schon mal für eine angenehme Stille. Eine Stille, in der ich die eigenen Gedanken und das eigene Befinden überhaupt erst einmal wieder wahrnehmen kann, in der ich wieder zu mir selbst komme. Im eigenen Kopf ist schon genug Geplapper der Gedanken vorhanden, das muß die mediale Dauerbeschallung nicht noch verstärken.

Dazu beschäftige ich mich mit Dingen, die dazu einen direkten Gegenpol bilden – lebensbejahend sind. Rauszugehen in die Natur – wie erholsam, belebend, anregend das ist, das habe ich in diesem Jahr regelrecht neu entdeckt. Verwunderlich? Nun, ich bin Softwareentwickler. Da ist man nicht soviel unterwegs. Tatsächlich habe ich mich nun aber wohl noch nie soviel bewegt wie in den letzten Monaten. Unterwegs zu sein, mit dem Rad oder zu Fuß, das macht mir richtig Spaß. Und wenn ich mittlerweile nicht mindestens eine Wanderung oder wenigstens einen ausgedehnten Spaziergang – besser zwei – in der Woche unternommen habe, dann fehlt mir was. Daß das Immunsystem und damit die Gesundheit dadurch gestärkt beziehungsweise gefördert werden, ist ein mehr als angenehmer Seiteneffekt. Und wenn der Weg vor die Stadt und in den Wald doch mal zu weit ist, dann geht das auch in der Stadt. Und so fühle ich mich, auch wenn ich in diesem Jahr praktisch nicht mehr im Fitneßstudio war, körperlich beweglicher und wohler denn je. Den Vertrag hab ich gekündigt.

Überhaupt sind aktive Hobbies, bei denen man in irgendeiner Form, ob körperlich wie beim Wandern oder geistig wie beim Schreiben, tätig ist, auch ein hilfreiches Mittel, wie ich selbst feststellen konnte. Für meine Website Anderes.Berlin sind auf diese Weise in diesem Jahr soviele Beiträge entstanden wie noch nie zuvor. Dafür ist mein Konsum über Streamingdienste – das Fernsehen hab ich ja schon vor Jahren für mich abgeschafft – an Filmen und Serien praktisch auf knapp über Null gesunken. Mir fehlte plötzlich völlig das Interesse dafür. Das Netflix-Abo hab ich auch gekündigt.

Was dieses Jahr mir auch eindrücklich gezeigt hat, ist die Tatsache, daß man Menschen in einer Krise erst so richtig kennenlernt. Das kann zu sehr guten Erfahrungen führen, aber leider auch zu mitunter schmerzhaften Enttäuschungen. Doch wie ich schon einmal 2016 nach einer ähnlichen Erfahrung feststellen konnte, kann beim Umgang damit eine Sichtweise helfen, die sich aus dem Wort Enttäuschung selbst ergibt:

In ihm steckt nämlich durchaus auch etwas Positives, denn wörtlich genommen bedeutet eine Ent-Täuschung, daß man einer Täuschung, einer Illusion entledigt wurde.

Wichtig ist dann allerdings auch, die guten Erfahrungen besonders zu schätzen und sich für die Menschen, denen man sie verdankt, weiter zu öffnen. Denn nichts ist wichtiger bei der Überwindung von Angst als Gemeinschaft mit Menschen, die einem lieb und teuer sind.

In diesem Sinne hoffe ich darauf, daß das neue Jahr 2021 ein besseres und für uns alle angstfreieres Jahr wird als das alte, mittlerweile vergangene 2020. Ich wünsche es Euch und nicht zuletzt auch mir selbst.

Und wieder ist ein Jahr vorüber…

Dieser Beitrag ist Teil 4 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Rot funkelt der Wein im Glase. Eine kleine Lampe auf dem Tisch vor mir erleuchtet nur spärlich die nähere Umgebung, und auch der am Fenster sanftes, goldenes Licht spendende Schwibbogen vermag den Rest des Zimmers kaum zu erhellen. Doch das ist auch nicht nötig. Leise spielt Musik und untermalt die ruhige und besinnliche Atmosphäre, die ich mir geschaffen habe und mit der es mir gelingt, all den Trubel auszublenden, der von der dem Jahreswechsel entgegenfiebernden Welt vor meinen Fenstern veranstaltet wird.

Das vierte Jahr in Folge halte ich es nun schon so. Es ist eine mir inzwischen lieb gewordene kleine Tradition, das Ende des Jahres allein und zurückgezogen zu begehen und leicht in das neue Jahr hinüberzugleiten. Sanft und ohne raschen Rutsch. Ganz in Ruhe.

Das Besinnliche nehme ich dabei gern wörtlich: mich besinnen auf das, was im vergangenen Jahr gewesen ist und was ich erreicht habe. Und auch, was nicht.

Ich nehme mir vor, achtsamer mit meiner Zeit umzugehen. Sie gleichermaßen bewußt zu nutzen und bewußt zu verschwenden – kurz: sie bewußt zu leben. Jedenfalls mehr als bisher.

So hatte ich es zum Ende des vorigen Jahres formuliert. Und natürlich, die Frage steht im Raum: Habe ich das erreicht? Ja? Nein? Gar nicht so leicht zu beantworten. Zumindest nicht, wenn es nicht oberflächlich sein soll. Mal sehen.

Zunächst einmal kann ich feststellen, daß mir zu der gewählten Überschrift dieses Textes „Und wieder ist ein Jahr vorüber…“ – ja, die stand tatsächlich als erstes fest – nicht wie im letzten Jahr sofort die Frage „Hatte das nicht gerade eben erst angefangen?“ und gleich danach der Satz „Das kann doch unmöglich schon wieder vorbei sein.“ eingefallen sind. Und tatsächlich, wenn ich so über das vergangene Jahr nachdenke, dann habe ich nicht den Eindruck, daß die Zeit einfach so verronnen ist. Und das liegt zu einem nicht geringen Teil daran, daß ich in der Folge meiner letztjährigen Überlegungen zu diesem Thema begonnen habe, mir Gedanken zu machen. Gedanken darüber, was falsch läuft in meinem Leben. Und was richtig. Was mir wichtig ist. Und auch, was nicht.

In der Folge dessen habe ich einige Dinge neu bewertet. Ganz persönlich. Für mich. Womit möchte ich meine Zeit verbringen? Und womit verbringe ich sie tatsächlich?

Als ich begann, darüber nachzudenken, landete ich unweigerlich bei meinem Job. Meiner beruflichen Tätigkeit. Wie stand es damit? Die Arbeit eines Softwareentwicklers ist, was ich gelernt habe und was ich seitdem ohne Unterbrechung ausübe. Dabei ist die Idee einer Karriere für mich völlig irrelevant. Und das kann ich so sicher sagen, weil ich sie ausprobiert habe. Wie so viele andere auch habe ich als Softwareentwickler begonnen und bin den Weg ins Management gegangen. Doch nach einer Weile bin ich umgekehrt. Das war es nicht, was mich interessierte. Was mir wirklich Spaß macht, worin ich gut bin, ist etwas völlig anderes. Für ein echtes Problem eine Software zu entwickeln, die es löst, ist etwas, das unglaublich erfüllend sein kann. Es beginnt bereits bei der Analyse des Problems, wenn sich Erkenntnis aufbaut und man beginnt zu verstehen, worum es geht. Es setzt sich fort, wenn man dann den kreativen Schritt macht und eine Lösung entwirft. Hier ist Kreativität gefragt. Man tritt ein in den Zyklus aus Idee, Ausprobieren, Verwerfen, Von-vorn-beginnen mit einer neuen Idee. Und hat man dann endlich einen Ansatz gefunden, der funktionieren kann, arbeitet man ihn aus und entwickelt ihn zur fertigen (Software-)Lösung. Und all das tut man nicht allein, sondern gemeinsam mit anderen. Man tauscht Ideen aus, man diskutiert, mal streitet man auch. Aber nichts geht über das wunderbare Gefühl, wenn man gemeinsam, auf Augenhöhe miteinander arbeitend, etwas geschaffen hat.

Aber was lief dann falsch? Wenn ich doch die meiste Zeit Software entwickelte und mir das Spaß machte, warum hatte ich dennoch immer öfter das Gefühl, daß meine Zeit verstrich, ohne daß ich sagen konnte, wo sie denn geblieben war? Und warum blieben so viele meiner persönlichen Interessen unbeachtet, so viele meiner persönlichen Vorhaben ungetan? Ich kam zu dem Schluß, daß ich offenbar dazu übergegangen war, meine Prioritäten mit den Jahren völlig falsch zu setzen. Beginnt man wie ich als Softwareentwickler in einem kleinen, aufstrebenden Unternehmen, scheint diese Tätigkeit das Wichtigste der Welt zu sein, in das man all seine Zeit investiert. Selbst dann, wenn es nicht die eigene Firma und man nur angestellt ist. Es ist wie ein eigenes Werk, ein Baby, das man voranbringen will. Und so waren Überstunden zwar an der Tagesordnung, doch ich nahm sie gern in Kauf, konnte ich doch die erreichten Ergebnisse sehen, die ja irgendwie auch meine waren. Beginnt man dann den Weg ins Management, scheint dieselbe immense zeitliche Investition erforderlich, erst recht, wenn man seine Arbeit ernst nimmt und das Beste erreichen will. Es ändert sich nur der Grund dafür. Doch arbeitete ich mittlerweile weder in einem kleinen, aufstrebenden Unternehmen noch war ich auf der Management-Karriereleiter unterwegs. Und dennoch hatte ich, was meine Zeit betraf und wie ich sie investierte, einfach so weitergemacht wie vorher. Daß meine beruflichen und meine persönlichen Interessen und Projekte nicht vollständig deckungsgleich waren, daß also mein Beruf mir zwar Spaß machte, aber nicht meinen einzigen Lebensinhalt bildete, war mir auf meinem Weg durch mein Arbeitsleben irgendwie aus dem Blick geraten.

Doch nun, wo mir das klar geworden war, gab es keinen Grund mehr, einfach so weiterzumachen wie bisher. Beruf und Persönliches mußten wieder in die richtige Balance. Und so fällte ich die Entscheidung, die Zeit, die ich meinem Beruf zukommen ließ, zu verkürzen. Dabei beließ ich es nicht mit dem Vorsatz, einfach weniger oder keine Überstunden mehr zu machen. Ich ging einen radikaleren Schritt und entschied, nur noch vier Tage in der Woche zu arbeiten. Ein Entschluß, den ich bis heute nicht bereut habe.

In der Folge hat sich einiges für mich verändert. Was meinen Beruf betrifft, habe ich sogar den Eindruck, deutlich produktiver als vorher zu sein. Wichtig ist bei einem solchen Schritt natürlich, daß man nicht versucht, die Arbeit von fünf Tagen an vieren zu schaffen. Die Umstellung auf eine Vier-Tage-Arbeitswoche hat mich auch im Job dazu gebracht, wesentlich bedachter auszuwählen, welchen Aufgaben ich mich widme und welchen nicht. Es war ein äußerst wichtiger Lernschritt für mich zu erkennen, wie unglaublich produktivitätssteigernd ein zur rechten Zeit geäußertes Nein sein kann. Und wenn man nach eigenem Gefühl die richtige Balance zwischen Arbeit und Persönlichem erreicht hat, investiert man seine Zeit und Fähigkeiten viel bewußter in die aktuelle Tätigkeit, weil man überhaupt erst einmal in der Lage ist, darüber nachzudenken, was wichtig ist und was nicht und wann der beste Zeitpunkt ist, eine übernommene Aufgabe zu erledigen. Nach meinem Eindruck schaffe ich in den vier Tagen pro Woche in meinem Job jetzt sogar mehr als vorher in fünfen, ohne daß ich deshalb das Gefühl habe, mich zu übernehmen.

Und auch außerhalb des Jobs kam es zu deutlichen Verbesserungen in meinem Leben. Klar, ich hatte mehr Zeit. Doch das allein macht ja noch nichts besser. Es kommt darauf an, sie bewußt einzusetzen. Ich schreibe hier absichtlich nicht „sinnvoll nutzen“. Denn mir kommt es nicht darauf an, meine neu gewonnene Zeit zu rationalisieren. Wichtig ist mir, sie bewußt für das zu verwenden, was für mich gerade wichtig und erforderlich ist. Das kann ein Projekt sein, daß ich umsetzen, ein Ziel, das ich erreichen will. Das kann aber auch bewußte Verschwendung sein, wenn die Seele danach verlangt. Tagträumen, müßiggehen, bummeln, nichts erreichen müssen. Für von allem ein bißchen habe ich mir im vergangenen Jahr Zeit genommen: für einen vergleichsweise spontanen Ausflug nach Nürnberg an einem verlängerten Wochenende; für einen Urlaub im schönen Wien, wohin ich immer schon einmal wollte, und für einen anderen im Schwarzwald, wo ich vor Jahren schon einmal war, woran ich mich aber kaum noch erinnern konnte; für die Fertigstellung einer schon lange geplanten vierteiligen Artikelserie über die Spittelkolonnaden auf meiner Website Anderes.Berlin; für die Recherche zu einer weiteren, an der ich gerade noch arbeite; für die Zusammenstellung einer Spotify-Playlist mit epischer Musik, unglaublich motivierend bei allen möglichen Gelegenheiten; für die Wiederaufnahme meiner brachliegenden Mitgliedschaft im Fitneßstudio – Sport macht Spaß, Sport macht Spaß, Sport macht Spaß…

Unglaublich befreiend ist auch das Abwerfen von Ballast. Im wahrsten Sinne des Wortes. Stimmt die Balance im Leben nicht, neigt mancher zur Kompensation. Was durchaus eine gewisse Zeit funktionieren kann. Erst recht, wenn man gerne Dinge sammelt. Bücher, CDs, Schallplatten. Oder Star-Trek-Raumschiffmodelle. Deren Anschaffung kann eine gute Kompensation sein. Für eine Weile. Bis man das Gefühl hat, daß sie einen erdrücken und die Balance zusätzlich durcheinanderbringen. Dann sollte man sie dringend loswerden. Was plötzlich sehr einfach wird, wenn man seine Balance wiederfindet, wie ich in diesem Jahr ebenfalls feststellen konnte.

Ich nehme mir vor, achtsamer mit meiner Zeit umzugehen. Sie gleichermaßen bewußt zu nutzen und bewußt zu verschwenden – kurz: sie bewußt zu leben. Jedenfalls mehr als bisher.

Und? Habe ich das nun erreicht? Ich meine, in diesem Jahr ist mir dafür ein recht guter Anfang gelungen. Und bedenke ich es recht, ist dieses Vorhaben keines, bei dem man an irgendeinem Punkt im Leben sagen kann: Jetzt habe ich es geschafft. Weiter geht es nicht. Vielmehr ist es eine Haltung, eine Einstellung zum Dasein. Seine Zeit bewußt zu leben – das ist ein Vorhaben, das man jeden Tag umsetzen muß. Und dafür muß man es jeden Tag auf’s Neue in Angriff nehmen.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein gesundes neues Jahr 2020. Setzt die Zeit, die Ihr habt, so bewußt ein, wie Ihr könnt.

Ist doch nur ein Blogartikel… – Ein Blick hinter den Vorhang

Fertig ist sie, meine Beitragsserie über die Geschichte der Berliner Spittelkolonnaden. Vier einzelne Beiträge, jeweils zu einer einzelnen Periode aus der Geschichte dieses schönen Bauwerks, dazu eine umfassende Fotogalerie mit historischen Aufnahmen und aktuellen Bildern – alles das ist nun auf der Website meines Berlin-Projektes Anderes.Berlin zu finden.

Das war ein ganz hübsches Stück Arbeit. Angefangen von zahllosen Samstagen, die ich in der Abteilung für Berlin-Studien der Zentralen Landesbibliothek zugebracht habe, um zu recherchieren und Informationen zusammenzutragen, über viele, viele Stunden Online-Recherche, um weitere Daten und Fakten zu finden, bis hin zum Schreiben der Texte für die einzelnen Artikel, war ich wenigstens ein halbes Jahr damit befaßt – Zeit, angefüllt mit dem Aufstöbern und Studieren einzelner, kleinerer und größerer Zeitungsartikel, dem Lesen von Büchern, dem Durchsuchen von Bibliothekskatalogen, dem Sitzen in Lesesälen öffentlicher Bibliotheken, dem Durchsuchen des Internets, dem Notieren jedes noch so winzigen Fakts, dem buchstabengetreuen Abschreiben wichtiger Zitate, dem zeitlichen Ordnen der Fakten, dem Protokollieren jeder benutzten Quelle und so weiter und so fort. Besonders spannend wird es, wenn solche Quellen einander widersprechen. Welche Aussage stimmt? Was ist wahr, was falsch? Gibt es weitere Quellen, bestenfalls sogar schriftliche Zeugnisse aus der betreffenden Zeit selbst? All das macht wahnsinnig Spaß und erinnert manchmal an Detektivarbeit.

Als ich dann alle Fakten und Informationen gesammelt hatte, ging es an’s Schreiben. Nun mußte ich all die Daten und einzelnen Geschichtchen zu einem großen Ganzen zusammenbringen,  zu einer zusammenhängenden, unterhaltsamen und möglichst spannenden Geschichte. Eine Herausforderung! Ich wollte bei der Beschreibung historischer Zusammenhänge und Abläufe die stets damit verbundene Gefahr bannen, daß der Text zu trocken gerät, sich zu sehr auf die Aneinanderreihung der Fakten konzentriert und es versäumt, eine Geschichte zu erzählen. Doch wie stellte ich das am besten an? Nach einiger Überlegung verfiel ich auf die Idee, jedem der vier Artikel eine kleine Geschichte voranzustellen. Eine Geschichte, die nicht nur mit dem Gegenstand der Beitragsserie, den Spittelkolonnaden, zu tun hatte, sondern auch den jeweiligen Zeitraum jedes Artikels näher illustrierte. Eine Geschichte, die ich mir jeweils ausdachte, die aber dennoch so oder so ähnlich passiert sein könnte. Ob mir all das gelungen ist oder nicht, möge jeder Leser der Beitragsreihe selbst beurteilen. Mir hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, sie zu schreiben.

Nun war das geschriebene Wort also fertig. Doch das war ja erst der Inhalt. Solch eine Artikelserie lebt aber nicht vom Text allein. Wer will schon eine Webseite lesen, die wie eine einzige Bleiwüste daherkommt, zumal, wenn es um historische Ereignisse und Orte geht? Da müssen Illustrationen her, die das im Text Erzählte visualisieren. Darstellungen aus der Vergangenheit und, wenn wie in diesem Fall das Bauwerk noch existiert, auch aus der Gegenwart machen den Text lebendiger, nachvollziehbarer und damit letztlich interessanter. Während das für aktuelle Aufnahmen noch relativ einfach ist, für die ich nur eine kleine Fototour unternehmen, das Bauwerk fotografieren, die Bilder bearbeiten und auf die Website laden muß, stellt sich das für historische Aufnahmen schon deutlich schwieriger dar. Gibt es überhaupt welche? Und wenn ja, wo sind diese zu finden? Wieder waren viele Stunden Suche und Recherche vergangen, bis ich schließlich für jede einzelne Periode der Geschichte der Spittelkolonnaden ansprechende Darstellungen – Zeichnungen und Fotografien – gefunden hatte.

Die Berliner Spittelkolonnade
Die Spittelkolonnade in der Leipziger Straße
Fotograf: Alexander Glintschert (2019),
Creative Commons Lizenzvertrag

Doch damit war es nicht getan. Während ich meine eigenen Fotos ohne Probleme auf meiner Website verwenden kann, ist das für historische Bilder nicht so einfach. Da gilt es, das Urheberrecht zu beachten. Nicht alles, was man so findet, ist auch frei verfügbar. Auch nicht, wenn man es im Internet aufstöbert. Also setzte sich die Recherchearbeit fort. Diesmal ging es darum, für jedes einzelne Bild herauszufinden, wer es aufgenommen hatte und wann, ob es noch urheberrechtlich geschützt ist und wenn ja, wer die Rechte daran besitzt. Gerade der Zeitraum vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis heute ist da immer problematisch. Fotografien aus dieser Zeit sind einfach noch nicht alt genug, um bereits gemeinfrei zu sein. Hier gilt es herauszufinden, ob die Urheber, also die Fotografen, noch am Leben sind oder nicht. Sind sie es nicht, ist wichtig zu wissen, wann sie verstorben sind. Ist das bereits mehr als 70 Jahre her? Und selbst wenn das der Fall ist, gibt es eventuell noch andere Personen, die ebenfalls noch Rechte an der Aufnahme haben? Ein Gemälde kann beispielsweise gemeinfrei sein. Will ich jedoch ein Foto dieses Gemäldes verwenden, kann der Fotograf wiederum Urheberrechte beanspruchen, die ich beachten muß. Es ist kompliziert.

Als ich dann endlich für jedes Bild, das ich verwenden wollte, alle entsprechenden Informationen zusammenhatte, kam der nächste Schritt, denn natürlich waren nicht alle Bilder, die ich gefunden hatte und verwenden wollte, für mich so ohne weiteres nutzbar. Nun mußte ich die einzelnen Rechteinhaber anschreiben und um die Genehmigung für die Verwendung der Bilder bitten. Erfreulicherweise waren fast alle bereit, mir die Bilder für die Verwendung auf meiner Website zur Verfügung zu stellen. Danken möchte ich in diesem Zusammenhang besonders dem Bildarchiv Foto Marburg und der Stiftung Stadtmuseum Berlin, die mir einige sehr schöne und für meine Artikelserie wichtige Bilder kostenfrei zur Verfügung gestellt haben. Ich habe mich sehr gefreut, daß sie auf diese Weise mein Projekt unterstützen wollten. Für ein aus reiner Liebhaberei betriebenes, nicht kommerziell orientiertes und werbefreies Website-Projekt ist es nicht so einfach, die entsprechenden Kosten, die beispielsweise durch die nicht eben geringen Gebühren verschiedener Bildarchive entstehen können, finanziell aufzubringen.

Nun hatte ich also die Texte und ich hatte die Bilder. Jetzt galt es, all dies zusammenzubringen und möglichst ansprechend zu gestalten, damit lesenswerte Artikel daraus entstehen konnten. Auch das ist natürlich wieder eine ganze Menge Arbeit gewesen, trotz der technischen Unterstützung durch eine entsprechende Software zur Entwicklung, Gestaltung und Pflege von Websites. Bis die vier Beiträge nach und nach fertig und veröffentlicht waren, verging noch einmal ein gutes Vierteljahr. Doch nun ist es vollbracht. Viel Zeit und viel Arbeit waren also das Resultat. Aber, und das ist für mich das Wichtigste überhaupt, auch viel Spaß und Freude!

Nun war ja diese Artikelserie zu den Spittelkolonnaden nicht meine erste. Ich habe in der Vergangenheit ja schon einige Artikel auf Anderes.Berlin veröffentlicht. Warum also schreibe ich hier darüber?  Wozu noch dieser Blogbeitrag?

Nun, zum einen wollte ich allen, die es vielleicht interessieren mag, einmal einen kleinen Einblick geben, was es bedeutet, eine solche Artikelserie zu verfassen, zu gestalten und ins Leben, also online zu bringen. Zum anderen aber hat diese spezielle Artikelserie zu den Berliner Spittelkolonnaden für mich einen besonderen Stellenwert. Denn die Säulengänge des Carl von Gontard begleiten mich schon eine recht lange Zeit meines Lebens. Und das nicht nur, weil ich als Kind und Jugendlicher in der Leipziger Straße gewohnt und in der Gegend zur Schule gegangen bin, so daß ich auf meinem Schulweg tagtäglich an dem steinernen Halbrund vorüberkam.

Es begann, als ich in der fünften Klasse und gerade neu an die 18. Polytechnische Oberschule „Reinhold Huhn“ gekommen war, eine der beiden Schulen, die damals für das Wohngebiet rund um die Leipziger Straße zuständig waren. Um bei uns Kindern das Interesse für unsere nähere Umgebung und ihre Geschichte zu wecken und gleichzeitig gemeinschaftliches Arbeiten an einem gemeinsamen Projekt zu lernen, vergaben die Lehrer an jede Klasse einen Forschungsauftrag. Ziel war die selbständige Erforschung eines historischen Ereignisses, das sich in unserer Wohngegend ereignet hatte, oder der Geschichte eines Bauwerks, das sich im Umfeld unserer Schule befand. Unsere Klasse bekam den Auftrag, die Geschichte der Spittelkolonnaden zu erforschen, die erst wenige Jahre zuvor in der Leipziger Straße wiedererrichtet worden waren. Dafür wurde in unserer Klasse eine sogenannte Forschungsgruppe eingerichtet, die aus mehreren Schülern bestand und die an dem Forschungsauftrag arbeiten sollte. Heute würde man das vielleicht Projektgruppe nennen. Und weil man damals der Meinung war, daß jede Arbeitsgruppe auch einen Leiter braucht, wurde einer der Schüler dazu bestimmt. Warum unsere Klassenlehrerin dabei auf die Idee verfiel, daß ich das sein sollte, der ich doch gerade erst neu in der Klasse war und noch kaum jemanden wirklich kannte, ist für mich immer ein  Geheimnis geblieben.

Nun, das mit der Projektgruppe hat nicht so geklappt, wie es sollte. Weder haben wir als Arbeitsgruppe wirklich funktioniert (das Leiten lag mir wohl noch nie so recht), noch ging ohne Anleitung durch einen Lehrer das Konzept, mit dieser Maßnahme bei den Schülern ein breites Interesse für Stadtgeschichte und ihre nähere Umgebung zu wecken, wirklich auf. Letztlich hat sich niemand in der Klasse für den Forschungsauftrag wirklich begeistert. Wirklich niemand. Außer mir. Für mich war das eine ziemlich spannende Angelegenheit. Und so trug ich allerlei Informationen über die Spittelkolonnaden und ihre Geschichte zusammen und lieferte das Ergebnis ab – für die Klasse, versteht sich. Was ich da im einzelnen alles herausfand und zusammengefaßt darstellte, entzieht sich heute leider meiner Erinnerung. Was ich jedoch noch sehr gut weiß, ist, daß ich in Bezug auf die Klasse zwar der einzige war, der an dem Projekt arbeitete, daß ich dabei jedoch keinesfalls allein war. Denn wer mich dabei massiv unterstützte, waren meine Eltern. Durch sie lernte ich, wie man an so eine Aufgabe, bei der man am Anfang nur die Zielsetzung kennt und keine Ahnung von der Materie hat, herangeht.  Für diese und all die andere Hilfe, die ich von ihnen immer erfuhr, bin ich ihnen stets dankbar.

So ist auf diese Weise mit den Spittelkolonnaden meine erste eigene Arbeit zur Geschichte eines Berliner Bauwerks verknüpft. Mit ihnen wurde mein Interesse für die Geschichte meiner Heimatstadt Berlin geweckt, das mich seitdem nicht mehr losgelassen und letzten Endes – viele Jahre später – zu meinem Webprojekt Anderes.Berlin geführt hat. Und so ist es nur angemessen und auch folgerichtig, daß ich den Spittelkolonnaden nun endlich auch eine eigene umfassende Artikelserie auf Anderes.Berlin gewidmet habe. Es wurde Zeit dafür.

Wirklich schon wieder ein Jahr…

Dieser Beitrag ist Teil 3 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Und wieder einmal ist es Silvester. Das Jahr 2018 neigt sich unweigerlich dem Ende entgegen. Hatte das nicht gerade eben erst angefangen? Das kann doch unmöglich schon wieder vorbei sein.

So oder so ähnlich mag es manchem gehen, da bin ich sicher nicht der einzige. Im Alltag fällt uns meist gar nicht auf oder wir ignorieren mehr oder weniger bewußt, daß die Zeit unweigerlich voranschreitet. Doch an Tagen wie diesem, die uns mit ihrer besonderen Bedeutung, die wir ihnen beimessen, aus dem Alltäglichen herausholen, kann es geschehen, daß wir uns plötzlich dessen bewußt werden, und wir fragen uns, wo die Zeit denn nur geblieben ist.

Und so sitze auch ich nun hier und denke über das zurückliegende Jahr nach. Wieder einmal halte ich mich fern von den alljährlichen Silvesterparties. An diesem Abend, wenn alle Welt feiert und feuerwerkt, ist mir eher nach Besinnlichkeit. Während alle mit einem hoffentlich guten Rutsch ins neue Jahr schliddern, möchte ich lieber sanft hinübergleiten. Ein Glas roten Weins an einem ruhigen Abend – mehr brauche ich nicht. Es muß mir allerdings gelingen zu ignorieren, daß von draußen vor dem Fenster Geräusche an mein Ohr dringen, die mich glauben lassen könnten, es wäre Krieg.

Warum um alles in der Welt ist jetzt schon wieder Jahresende? Ach, die Zeit verrennt. Das ist ein Satz, den viele sagen.

Eins, zwei, drei – im Sauseschritt
eilt die Zeit. Wir eilen mit.

So dichtete bereits Wilhelm Busch. Doch kann Zeit eilen? Oder rennen? Wohl eher nicht. Also stimmt der Satz nicht? Dem widerspricht der Eindruck, der sich bei manchem so manches Mal – und auch bei mir gerade jetzt – einstellt, daß schon wieder soviel Zeit vergangen ist, ohne daß man es so recht merkte. Moment, ohne daß man es merkte? Ohne daß ich es merkte? Das bedeutet ja… Mir will nicht so recht gefallen, was es bedeutet. Wenn Zeit unbemerkt vergehen kann, dann geht man achtlos mit ihr um. Und Achtlosigkeit führt – das kennt man auch von anderen Ressourcen – in aller Regel zu Verschwendung. 

Aber ist das denn schlimm? Ich bin kein großer Freund davon, alles und jedes zu rationalisieren. Das passiert in unserem Zeitalter sowieso schon allerorten. Alles wird nur noch nach dem Nutzen, den es haben könnte, bewertet. Doch mit Zeit – und insbesondere der eigenen Lebenszeit – sollte man das auf keinen Fall tun. Es sei denn, man sucht das unfehlbare Rezept für permanente Unzufriedenheit. Zeit verschwenden – das kann so schön sein. Tagträumen, müßiggehen, bummeln, nichts erreichen müssen – ab und zu braucht die Seele das. Und dann sollte man mit Zeit nicht sparen, um ihr das zu gewähren.

Eine derartige Verschwendung von Zeit kann, wenn sie bewußt geschieht, eine Bereicherung sein. Der achtlose Umgang damit führt jedoch zum genauen Gegenteil. Verschwendung aus Achtlosigkeit – das wird unweigerlich zu Verlust, aus dem wieder Unzufriedenheit resultiert; Unzufriedenheit, die sich in der Frage, wo denn nur die Zeit geblieben ist, ausdrückt. 

Nein, die Zeit verrennt nicht. Sie schreitet voran – immer im gleichen Tempo. Behauptet man, sie renne, versucht man nur, die Schuld am eigenen achtlosen Umgang mit ihr auf sie abzuwälzen. Doch ändert man nur einen Buchstaben in diesem Satz, drückt er plötzlich aus, was dann wirklich passiert: Die Zeit verrinnt. Und zwar wie Sand durch die Finger…

Silvester und Neujahr – das ist stets die Zeit der guten Vorsätze. Ich denke, dieses Mal belasse ich es bei einem einzigen. Ich nehme mir vor, achtsamer mit meiner Zeit umzugehen. Sie gleichermaßen bewußt zu nutzen und bewußt zu verschwenden – kurz: sie bewußt zu leben. Jedenfalls mehr als bisher.

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein gesundes und fröhliches, vor allem aber ein bewußt gelebtes Jahr 2019. Laßt es Euch gut gehen!

Gedanken zum Jahreswechsel…

Dieser Beitrag ist Teil 2 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Wieder einmal ist Silvester. Und ich schwänze auch dieses Jahr die Party. Es ist nicht das erste Mal.

In den Tagen und Wochen vorher bekommt man oft die Frage gestellt, was man denn Silvester mache. Kommt die Reihe an mich, Antwort zu geben, sage ich einfach:
„Nichts!“
„Wie, nichts?“
„Na, nichts! Ich bin zu Hause!“
„Aber es ist doch Silvester! Das mußt Du doch feiern!“

Muß ich? Wieso eigentlich?

Meistens fällt es mir schwer, zu einem festgelegten Zeitpunkt auf Abruf in Feierlaune zu kommen. Und dieser Zeitpunkt ist ja schon besonders willkürlich. Irgendwann in der Geschichte der Menschheit hat jemand gefunden, daß es eine gute Idee wäre, die vergehende Zeit in feste Abschnitte einzuteilen. Irgendwie konnte er die Anderen davon überzeugen, wie toll seine Idee ist. Gute Argumente gab es sicher zuhauf. Beispielsweise vereinfacht es Verabredungen ungemein. Wahrscheinlich waren sich alle schnell einig über das Grandiose dieser Idee. Über die Anzahl der Abschnitte, ihre Bezeichnung, ihren Anfang und ihr Ende konnte dann allerdings im Laufe der Geschichte keine Einigung erzielt werden. So änderte man immer mal wieder den Kalender, aus den unterschiedlichsten Erwägungen. Und auch heute gibt es bei verschiedenen Völkern durchaus verschiedene Kalender. Es gibt sogar Menschen, die nach zwei Kalendern gleichzeitig leben. Kommt man da eigentlich nicht durcheinander?

Wie ich so darüber nachsinne, kommt mir der Gedanke, doch mal im Internet über Kalender nachzuschlagen. Im Bereich „Schlagzeilen“ liefert mir Google gleich einen passenden Artikel der Frankfurter Rundschau: „Zählt, wie es Euch gefällt – Kalender im Wandel der Zeit“. Veröffentlicht vor etwa zwei Stunden. Wie überaus passend. Als hätte ich gefragt.

Daß wir den Jahreswechsel heute feiern, ist also lediglich eine willkürliche Festlegung. Wäre es nicht besser, das im Sommer zu tun? Da wäre es doch viel wärmer. Das müßte doch gerade jene freuen, die sich jetzt am Brandenburger Tor oder anderswo im Freien bei einer der vielfältigen Silvesterparties den Hintern abfrieren. Obwohl, in diesem Jahr geht’s ja noch. Wir haben ja fast frühlingshafte Temperaturen. Dennoch. Silvesterparty im Freien, wo’s kalt ist? Laßt mich kurz nachdenken… Nein.

Und was heißt überhaupt heute? Zwar wird der Gregorianische Kalender heute rund um die Welt in vielen Ländern verwendet und es feiern die Menschen dort Silvester auch am heutigen Tag, aber wegen der Zeitzonen ist das ja relativ. Während wir uns also am Nachmittag des 31. Dezember auf den Jahreswechsel vorbereiten, haben die Australier ihn längst vollzogen. Ob die da auch so sinnlos rumballern wie wir hier? Und wenn alle rund um den Erdball das genau so machen, zieht dann das Silvesterfeuerwerk wie eine riesige La-Ola-Welle um die Welt? Kann man das vom Weltraum aus sehen? Hat das eigentlich schon mal jemand die Kosmo- oder Astronauten auf der ISS gefragt?

Doch ich schweife ab. Weder ist also der Jahreswechsel ein ehernes Datum, noch begehen ihn alle Menschen der Welt zur selben Zeit. Das ist natürlich ein wirklich schöner Grund, nicht auf Bestellung in Feierlaune zu verfallen. Und man kann darüber auch sehr gelehrt und lang dozieren. Vielleicht würde man den einen oder anderen sogar überzeugen.

Doch warum ich heute nicht auf einer Party bin, sondern stattdessen gemütlich in der warmen Stube sitze und bei einem Glas Rotwein und ruhiger Musik über den Jahreswechsel sinniere, das neue Jahr erwarte und mir den einen oder anderen Gedanken durch den Kopf gehen lasse, auf das alte 2017 zurückschaue und überlege, was ich denn im nächsten Jahr so tun oder lassen möchte, hat einfach den einen Grund: ich will es so. Es ist schön. In all dem Trubel und der Hektik, die die heutige Zeit so mit sich bringt, in der man so oft meint, das Heft in der Hand zu halten und dabei gar nicht merkt, daß man tatsächlich nur ein Getriebener ist, tut es gut, einfach mal innezuhalten und nicht dem allgemeinen Trend zu folgen, mich zurückzuziehen, von der Welt um mich herum für ein paar Stunden Abstand zu nehmen und mich ganz auf mich zu konzentrieren. Und dafür ist ein willkürlich festgelegter Jahreswechsel gar nicht mal der schlechteste Zeitpunkt.

In diesem Sinne: Ein gesundes, neues Jahr Euch allen. Laßt es ruhig angehen!

Geschichte im Verein

Nun ist doch geschehen, von dem ich glaubte, daß es mir aber ganz bestimmt nicht widerfahren würde: ich bin  Vereinsmitglied.

Vereine gibt es ja bekanntlich viele. Ich assoziierte dabei immer  so etwas wie Sportvereine, Schachclubs oder politische Gemeinschaften. Und auch, ich gebe es zu, das Klischee des Kaninchenzüchtervereins.

Sonderlich sportlich bin ich eigentlich nicht, auch wenn ich Sport natürlich nicht gänzlich aus dem Wege gehe. Man will ja nicht völlig unbeweglich werden. Doch mein Fahrrad oder das Fitneßstudio reichen mir dafür völlig aus. Gruppensport mag ich hingegen bestenfalls als Zuschauer, für Wettkämpfe fehlt mir der Ehrgeiz. Sportvereine und Schachclubs schieden also schon mal aus.

Weil ich mir meine Meinung, insbesondere die politische, gerne selbst bilde  und sie dementsprechend auch  selbst vertreten möchte, kann ich den  Rahmen oder gar Zwang einer Gruppe dabei überhaupt nicht brauchen.  Oder, um es mit Reinhard Mey zu sagen:

Es paßt, was ich mir denke,
Auch wenn ich mich sehr beschränke,
Nicht auf einen Knopf an meiner Brust!

Eine politische Vereinigung  ist also meine Sache auch nicht.

Darüberhinaus habe ich mir bisher eigentlich keine weiteren Gedanken über Vereine gemacht.  Was sollte da schon noch sein…

Daß da noch mehr sein kann, entdeckte ich durch einen Flyer, der mir in der Berliner Stadtbibliothek in die Finger kam und mit dem ein Verein für sich warb, der so derart auf der Linie meines  Interesses lag, daß  es  gar keiner langen Überlegung bedurfte, um mir klarzumachen, daß ich  dabeisein wollte.

Und so ist es nun nach dem Ausfüllen des Antrags auf Mitgliedschaft, der in überragend kurzer Zeit erfolgten Aufnahme, dem Erhalt der Mitgliedsurkunde und  der ersten Zahlung des jährlichen Mitgliedsbeitrags offiziell: ich bin Mitglied im  Verein für die Geschichte Berlins e. V., gegründet im Jahre 1865.

Daß meiner Heimatstadt Berlin eines meiner Hauptinteressen  gilt, dürfte niemanden überraschen, der bereits einmal bei  Anderes.Berlin  vorbeigeschaut hat.  Die Beschäftigung mit der Geschichte und den Geschichten meiner Stadt, ihrer Bauten und Sehenswürdigkeiten, aber auch ihrer Persönlichkeiten, ob sie gegenwärtig oder fast vergessen sind, ist eine meiner größeren Leidenschaften. Und weil ich diese im Zweck und in den Zielen des Vereins wiederfinde, bin ich gern dabei – bei den vielfältigen Veranstaltungen des Vereins   und,  wenn  sich die Möglichkeit bietet,  auf unterstützende Weise.

Schauen wir mal, was daraus wird. Ich bin gespannt!

Gedanken zum Jahresende…

Dieser Beitrag ist Teil 1 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Silvesterabend. 2016. Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende.

Im Glas, das auf meinem Schreibtisch steht, funkelt der Rotwein im Schein der Lampe neben mir. In Gedanken lasse ich die zurückliegenden zwölf Monate Revue passieren. Ein ruhiger Jahresausklang. Leise und besinnlich.

Die Party lasse ich dieses Mal aus. Keine Lust auf Lärm, Partyspiele und Alkohol. Draußen feuern sie schon ihre Böller ab. Es knallt und rumst, blitzt und prasselt immer wieder vor meinem Fenster.  Davon lasse ich mich jedoch nicht stören. Mein Fall war es sowieso nie. Ich erinnere mich noch, wie ich das als Kind unbedingt mal ausprobieren wollte. Wochenlang habe ich meinen Eltern in den Ohren gelegen, bis sie sich schließlich breitschlagen ließen und Geld in ein paar Raketen und Knaller investierten. Den ganzen Tag war ich aufgeregt, und als es endlich Abend war, gingen meine Eltern und ich hinunter auf die Straße. Die Knaller waren zuerst dran – ich durfte sie werfen. Es rumste, das war’s. Ich weiß noch, daß ich das nicht sonderlich beeindruckend fand. Da sie nun aber mal da waren, zündete ich unter Aufsicht meiner Eltern einen nach dem anderen an und warf sie davon. Bumm und aus. Dann kamen die Raketen an die Reihe. Mein Vater stellte eine in eine eigens dafür mitgebrachte Flasche, zündete sie an und trat zurück. Die Lunte brannte, dann zischte es laut und die Rakete sauste in den Nachthimmel. Ich folgte ihr mit den Augen, bis sie weit oben zerplatzte. Funken in bunten Farben stoben auseinander. Hübsch sah’s ja aus, doch schnell waren sie wieder verloschen. Kurze Zeit darauf war ein Knall zu hören. Fragend sah ich meinen Vater an. Das war’s? Er nickte. Hm. Als wir alle Raketen verschossen hatten, verspürte ich kein großes Bedauern, daß es vorbei war.

Das war das erste und auch das letzte Silvester, an dem ich mich mit Knallkörpern und Raketen abgab. Mag sein, daß die damaligen Raketen nicht so ausgefeilt waren wie heute. Es waren ganz sicher auch nicht die Teuersten. Und dennoch: wenn ich seitdem Silvester die Knallerei beobachtete, verspürte ich nie mehr den Wunsch, selbst dabei mitzutun. Also sollen sie auch in diesem Jahr ohne mich auskommen. Ich bin sicher, sie werden mich dabei nicht vermissen.

Da sitze ich nun also und denke über das vergangene Jahr nach. Es gab viel Schönes und nur wenig, auf das ich gerne verzichtet hätte. Zu letzterem gehören Enttäuschungen, die es im Leben immer wieder gibt, auch wenn man sich noch so sehr wünscht, sie vermeiden zu können. Ich spreche dabei nicht von solchen, die man durchlebt, weil etwas nicht so geschehen ist, wie man es sich erhoffte, oder weil man etwas nicht erhielt, nach dem es einen doch so sehr verlangte. Die sind harmlos und gewissermaßen materiell. Derartige Enttäuschungen tun nicht wirklich weh und gehen meist schnell vorüber.

Schwerer wiegen Enttäuschungen, die man von Menschen aus seinem Umfeld erfährt – weil sie sich nicht so verhalten haben, wie man es von ihnen erwartet hat, oder weil sie etwas getan haben, was man ihnen nicht zutraute. Das kann weh tun, vor den Kopf stoßen und auch verletzen. Das Einfachste wäre es dann, wenn man ihnen aus dem Weg ginge. Doch das ist nicht immer möglich. Wie aber geht man dann damit um?

Was mir dabei geholfen hat, war die Erkenntnis, daß eine Enttäuschung oft zwei Beteiligte hat, die für sie verantwortlich sind – und der eine ist man selbst. Man selbst hat zu ihrem Entstehen beigetragen, indem man sich einer falschen Vorstellung des Anderen hingegeben hat. Man hat sich gegebenenfalls eine Illusion gebaut und vom Anderen erwartet, daß er ihr entspricht. Wenn er das dann nicht tut, so ist man daran zu einem guten Teil auch selbst schuld. Zumindest sollte man sich die Frage stellen, ob das nicht der Fall sein könnte – und man sollte sie sich selbst gegenüber so ehrlich wie nur irgend möglich beantworten.

Ebenfalls hilfreich fand ich eine Sichtweise, die sich eigentlich aus dem Wort Enttäuschung selbst ergibt. In ihm steckt nämlich durchaus auch etwas Positives, denn wörtlich genommen bedeutet eine Ent-Täuschung, daß man einer Täuschung, einer Illusion entledigt wurde. Das mag sich im Einzelfall durchaus schmerzhaft anfühlen, denn wenn Illusionen platzen, tun sie das mit lauten Knall – das haben sie wohl mit Luftballons gemein… Und doch ist es etwas Gutes, wenn man der Illusion nicht mehr nachhängt, sondern stattdessen nun klar sieht. Und wenn man durch das Handeln des Anderen nicht zu sehr verletzt wurde, kann es einem ermöglichen, sich besser auf die andere Person einzustellen. Und es kann eine Chance sein –  für einen ehrlicheren Umgang miteinander.

Wenn mir 2016 nur diese eine Sichtweise bescherte, dann hat es sich schon gelohnt.