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Geschichte im Verein

Nun ist doch geschehen, von dem ich glaubte, daß es mir aber ganz bestimmt nicht widerfahren würde: ich bin  Vereinsmitglied.

Vereine gibt es ja bekanntlich viele. Ich assoziierte dabei immer  so etwas wie Sportvereine, Schachclubs oder politische Gemeinschaften. Und auch, ich gebe es zu, das Klischee des Kaninchenzüchtervereins.

Sonderlich sportlich bin ich eigentlich nicht, auch wenn ich Sport natürlich nicht gänzlich aus dem Wege gehe. Man will ja nicht völlig unbeweglich werden. Doch mein Fahrrad oder das Fitneßstudio reichen mir dafür völlig aus. Gruppensport mag ich hingegen bestenfalls als Zuschauer, für Wettkämpfe fehlt mir der Ehrgeiz. Sportvereine und Schachclubs schieden also schon mal aus.

Weil ich mir meine Meinung, insbesondere die politische, gerne selbst bilde  und sie dementsprechend auch  selbst vertreten möchte, kann ich den  Rahmen oder gar Zwang einer Gruppe dabei überhaupt nicht brauchen.  Oder, um es mit Reinhard Mey zu sagen:

Es paßt, was ich mir denke,
Auch wenn ich mich sehr beschränke,
Nicht auf einen Knopf an meiner Brust!

Eine politische Vereinigung  ist also meine Sache auch nicht.

Darüberhinaus habe ich mir bisher eigentlich keine weiteren Gedanken über Vereine gemacht.  Was sollte da schon noch sein…

Daß da noch mehr sein kann, entdeckte ich durch einen Flyer, der mir in der Berliner Stadtbibliothek in die Finger kam und mit dem ein Verein für sich warb, der so derart auf der Linie meines  Interesses lag, daß  es  gar keiner langen Überlegung bedurfte, um mir klarzumachen, daß ich  dabeisein wollte.

Und so ist es nun nach dem Ausfüllen des Antrags auf Mitgliedschaft, der in überragend kurzer Zeit erfolgten Aufnahme, dem Erhalt der Mitgliedsurkunde und  der ersten Zahlung des jährlichen Mitgliedsbeitrags offiziell: ich bin Mitglied im  Verein für die Geschichte Berlins e. V., gegründet im Jahre 1865.

Daß meiner Heimatstadt Berlin eines meiner Hauptinteressen  gilt, dürfte niemanden überraschen, der bereits einmal bei  Anderes.Berlin  vorbeigeschaut hat.  Die Beschäftigung mit der Geschichte und den Geschichten meiner Stadt, ihrer Bauten und Sehenswürdigkeiten, aber auch ihrer Persönlichkeiten, ob sie gegenwärtig oder fast vergessen sind, ist eine meiner größeren Leidenschaften. Und weil ich diese im Zweck und in den Zielen des Vereins wiederfinde, bin ich gern dabei – bei den vielfältigen Veranstaltungen des Vereins   und,  wenn  sich die Möglichkeit bietet,  auf unterstützende Weise.

Schauen wir mal, was daraus wird. Ich bin gespannt!

Gedanken zum Jahresende…

Dieser Beitrag ist Teil 1 von 8 der Beitragsserie "Gedanken zum Jahreswechsel"

Silvesterabend. 2016. Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende.

Im Glas, das auf meinem Schreibtisch steht, funkelt der Rotwein im Schein der Lampe neben mir. In Gedanken lasse ich die zurückliegenden zwölf Monate Revue passieren. Ein ruhiger Jahresausklang. Leise und besinnlich.

Die Party lasse ich dieses Mal aus. Keine Lust auf Lärm, Partyspiele und Alkohol. Draußen feuern sie schon ihre Böller ab. Es knallt und rumst, blitzt und prasselt immer wieder vor meinem Fenster.  Davon lasse ich mich jedoch nicht stören. Mein Fall war es sowieso nie. Ich erinnere mich noch, wie ich das als Kind unbedingt mal ausprobieren wollte. Wochenlang habe ich meinen Eltern in den Ohren gelegen, bis sie sich schließlich breitschlagen ließen und Geld in ein paar Raketen und Knaller investierten. Den ganzen Tag war ich aufgeregt, und als es endlich Abend war, gingen meine Eltern und ich hinunter auf die Straße. Die Knaller waren zuerst dran – ich durfte sie werfen. Es rumste, das war’s. Ich weiß noch, daß ich das nicht sonderlich beeindruckend fand. Da sie nun aber mal da waren, zündete ich unter Aufsicht meiner Eltern einen nach dem anderen an und warf sie davon. Bumm und aus. Dann kamen die Raketen an die Reihe. Mein Vater stellte eine in eine eigens dafür mitgebrachte Flasche, zündete sie an und trat zurück. Die Lunte brannte, dann zischte es laut und die Rakete sauste in den Nachthimmel. Ich folgte ihr mit den Augen, bis sie weit oben zerplatzte. Funken in bunten Farben stoben auseinander. Hübsch sah’s ja aus, doch schnell waren sie wieder verloschen. Kurze Zeit darauf war ein Knall zu hören. Fragend sah ich meinen Vater an. Das war’s? Er nickte. Hm. Als wir alle Raketen verschossen hatten, verspürte ich kein großes Bedauern, daß es vorbei war.

Das war das erste und auch das letzte Silvester, an dem ich mich mit Knallkörpern und Raketen abgab. Mag sein, daß die damaligen Raketen nicht so ausgefeilt waren wie heute. Es waren ganz sicher auch nicht die Teuersten. Und dennoch: wenn ich seitdem Silvester die Knallerei beobachtete, verspürte ich nie mehr den Wunsch, selbst dabei mitzutun. Also sollen sie auch in diesem Jahr ohne mich auskommen. Ich bin sicher, sie werden mich dabei nicht vermissen.

Da sitze ich nun also und denke über das vergangene Jahr nach. Es gab viel Schönes und nur wenig, auf das ich gerne verzichtet hätte. Zu letzterem gehören Enttäuschungen, die es im Leben immer wieder gibt, auch wenn man sich noch so sehr wünscht, sie vermeiden zu können. Ich spreche dabei nicht von solchen, die man durchlebt, weil etwas nicht so geschehen ist, wie man es sich erhoffte, oder weil man etwas nicht erhielt, nach dem es einen doch so sehr verlangte. Die sind harmlos und gewissermaßen materiell. Derartige Enttäuschungen tun nicht wirklich weh und gehen meist schnell vorüber.

Schwerer wiegen Enttäuschungen, die man von Menschen aus seinem Umfeld erfährt – weil sie sich nicht so verhalten haben, wie man es von ihnen erwartet hat, oder weil sie etwas getan haben, was man ihnen nicht zutraute. Das kann weh tun, vor den Kopf stoßen und auch verletzen. Das Einfachste wäre es dann, wenn man ihnen aus dem Weg ginge. Doch das ist nicht immer möglich. Wie aber geht man dann damit um?

Was mir dabei geholfen hat, war die Erkenntnis, daß eine Enttäuschung oft zwei Beteiligte hat, die für sie verantwortlich sind – und der eine ist man selbst. Man selbst hat zu ihrem Entstehen beigetragen, indem man sich einer falschen Vorstellung des Anderen hingegeben hat. Man hat sich gegebenenfalls eine Illusion gebaut und vom Anderen erwartet, daß er ihr entspricht. Wenn er das dann nicht tut, so ist man daran zu einem guten Teil auch selbst schuld. Zumindest sollte man sich die Frage stellen, ob das nicht der Fall sein könnte – und man sollte sie sich selbst gegenüber so ehrlich wie nur irgend möglich beantworten.

Ebenfalls hilfreich fand ich eine Sichtweise, die sich eigentlich aus dem Wort Enttäuschung selbst ergibt. In ihm steckt nämlich durchaus auch etwas Positives, denn wörtlich genommen bedeutet eine Ent-Täuschung, daß man einer Täuschung, einer Illusion entledigt wurde. Das mag sich im Einzelfall durchaus schmerzhaft anfühlen, denn wenn Illusionen platzen, tun sie das mit lauten Knall – das haben sie wohl mit Luftballons gemein… Und doch ist es etwas Gutes, wenn man der Illusion nicht mehr nachhängt, sondern stattdessen nun klar sieht. Und wenn man durch das Handeln des Anderen nicht zu sehr verletzt wurde, kann es einem ermöglichen, sich besser auf die andere Person einzustellen. Und es kann eine Chance sein –  für einen ehrlicheren Umgang miteinander.

Wenn mir 2016 nur diese eine Sichtweise bescherte, dann hat es sich schon gelohnt.

Weihnachten im Berliner Konzerthaus

Was für ein wundervoller Abend!

Das Konzerthaus Berlin griff Weihnachten ein wenig vor, als es heute abend die Teile 1 bis 3 sowie 6 des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach zur Aufführung brachte. Der Abend begann für mich und andere Interessierte mit einer ausgezeichneten Konzerteinführung von Dr. Dietmar Hiller, seines Zeichens Dramaturg am Berliner Konzerthaus. Auf sehr mitreißende und Begeisterung vermittelnde Weise erzählte Dr. Hiller die Vorgeschichte der Entstehung des Weihnachtsoratoriums und wie Bach Teile seines eigenen, früheren Schaffens dafür wiederverwendete und umarbeitete. All das würzte er mit vielen Tonbeispielen, was uns Zuhörern das Werk lebendig nahebrachte und uns bestens darauf einstimmte. Eine großartige Idee!

Was mir zwar nicht völlig unbekannt war, was ich jedoch andererseits so genau auch wieder nicht wußte, war, daß die ersten drei Teile des Oratoriums für die Aufführung an den Weihnachtsfeiertagen entstanden, von denen es früher drei gab, während der letzte Teil dem 6. Januar vorbehalten blieb, an dem das Epiphaniasfest gefeiert wurde. In der Adventszeit hingegen waren zu Bachs Zeiten jegliche Aufführungen dieser Art völlig unüblich, sollte diese Zeit doch eine stille sein. Nun, das interessiert in dieser unserer durchkommerzialisierten, „Event“-süchtigen Zeit ja sowieso kaum noch jemanden. Heutzutage scheint Weihnachten ja längst das Fest des Kommerzes zu sein. Doch ich schweife ab…

Wenn diese Aufführung des Weihnachtsoratoriums also auch mitten in die stille Adventszeit fiel, so war dies doch ein – bezogen auf Bachs Zeiten – Tabubruch, an dem es wahrlich nichts auszusetzen gab. Hier wurde Kultur in Reinform geboten, und das in künstlerischer Perfektion, soweit das meine Laienohren zu beurteilen verstanden.

Neben den Solisten Gesine Adler (Sopran), Susanne Langner (Alt), Tobias Hunger (Tenor) und Tobias Berndt (Baß) sang der Thomanerchor Leipzig und spielte das Konzerthausorchester Berlin. Das weckte natürlich Erwartungen – und sie wurden, was mich betrifft, nicht enttäuscht. Ach, was sag ich – sie wurden übertroffen! Es war ein wirklich zauberhafter Abend, der jede einzelne Minute investierter Zeit mehr als wert war. Am Ende gab es lang andauernden Applaus für das gesamte Ensemble. Und was ich besonders schön fand: Musiker und Chorsänger, die im Laufe der Aufführung bei einzelnen Stücken besondere Leistungen bei herausgehobenen Passagen hatten erbringen müssen, wurden vom Publikum mit hochverdientem Extra-Applaus bedacht.

Alles in allem war dieser Abend eine schöne Einstimmung auf eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit – und um ein Vielfaches lohnender, als es jedes dem Kommerzwahn entrissene Geschenk sein könnte…

Im neuen Gewand…

…präsentiert sich mit dem heutigen Tage meine persönliche Website www.glintschert.de. Funkelnagelneu und glänzend ist sie, blitzt und blinkt an allen Ecken.

Na, ganz so schlimm ist es nicht – auf das Blinken habe ich wohlweislich verzichtet. Erinnert sich eigentlich noch jemand an das <blink>-Tag aus den guten alten Netscape-Tagen? Das waren Zeiten! Ein Flimmern und Flackern allüberall im aufkommenden World Wide Web… Im Geiste höre ich schon die Fragen: <blink>-Tag? Netscape? Wovon redet der Mann? Meine Güte, ich komme mir schon vor wie Opa, der vom Krieg erzählt…

Zurück zur Website. Generalüberholt habe ich sie, sowohl in Gestaltung als auch Technik. Und auch inhaltlich habe ich etwas Hand angelegt. Die Technik übernimmt nun WordPress. Es löst das bis dato von mir genutzte NetObjects Fusion ab, mit dem ich vorher die Seiten auf meinem heimischen PC erstellt, dann exportiert und per FTP auf den Server hochgeladen habe. Ein alles in allem etwas umständliches Verfahren. Gut, meine NetObjects-Version war schon lange nicht mehr die aktuellste. Jedes Update kostete aber auch ein nicht ganz unbescheidenes Sümmchen…

In der neuen Fassung bilden Website und Blog nun eine Einheit. Das vereinfacht das Verfassen und Veröffentlichen neuer Inhalte erheblich und senkt ganz nebenbei den Aufwand für die technische Administration. Aber wem erzähle ich das alles – Website-Profis wissen das natürlich längst, und diejenigen, die keine Website erstellen wollen, interessiert es vermutlich nicht sonderlich. Darum genug von dem technischen Zeug.

Ich hoffe, Ihnen allen, die hier hereingestolpert sind, gefällt, was Sie sehen. Wenn ja, lassen Sie es mich gerne wissen, wenn nicht – nun, dann auch. Für konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge habe ich immer gern ein offenes Ohr.

Bleibt mir jetzt nur noch, Ihnen allen hier viel Vergnügen zu wünschen. Und das tue ich hiermit.

Publikationen

Im Laufe meines Informatik-Studiums und meiner beruflichen Tätigkeit habe ich an verschiedenen Projekten (mit-)gearbeitet, deren Ergebnisse in verschiedenen Publikationen Eingang gefunden haben.

Studium

In zwei Vorlesungen, die ich während meines Informatik-Studiums am Institut für Informatik der Humboldt-Universität zu Berlin besucht habe, habe ich in enger Zusammenarbeit mit den Dozenten die Vorlesungsskripte verfaßt:

  • 1993/94 – „Lineare Algebra und Geometrie“
    Dieses Vorlesungsskript schrieb ich als studentischer Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit Dr. E. G. Giessmann begleitend zu seiner gleichnamigen Vorlesung 1993/94.


  • 1994/95 – „Stochastik für Informatik“
    (Prof. E. Rödel, Institut für Informatik an der Humboldt-Universität zu  Berlin)
    Das Skript zu dieser Vorlesung verfaßte ich im Auftrag von Prof. E. Rödel während meiner Tätigkeit als studentischer Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl im Wintersemester 1994/95.

Im Rahmen zweier Seminare an der damaligen Abteilung „Pädagogik und Informatik“ am Institut für Erziehungswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin entstanden die folgenden Seminararbeiten:

  • Januar 1996 – „SimCity 2000 – eine Analyse“
    Im Rahmen meines Wahlpflichtfaches „Pädagogik & Informatik“ habe ich im Wintersemester 1995/1996 an dem Seminar „Analyse von Lernsoftware“ teilgenommen. Mein Beitrag zu diesem Seminar bestand in der Analyse des Simulationsspiels „SimCity 2000“ (die damalige aktuelle Version) auf seine Eignung als Lehrmittel. Die Ergebnisse dieser Analyse habe ich im Rahmen einer Seminar-Arbeit festgehalten.


  • Mai 1998 – „Kryptologie und die neuen Medien“
    Ebenfalls während der Absolvierung des Wahlpflichtfaches „Pädagogik  & Informatik“ habe ich im Wintersemester 1996/97 das Seminar „Rechtliche und ethische Probleme der Computernutzung“ besucht. Im Ergebnis dessen entstand diese Seminar-Arbeit.

Am Ende meines Studiums standen naturgemäß meine Studien- und Diplomarbeit:

  • Juni/Oktober 1998 – Studien- & Diplomarbeit „ThemeSearch – Aufbau einer intelligenten, themenspezifischen Suchmaschine im WWW“
    Beide Arbeiten entstanden bei Prof. Dr. Hans-Dieter Burkhard am Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz des Instituts für Informatik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Betreut wurden sie von Prof. Burkhard und Mario Lenz. Die Studienarbeit stellt dabei eine Vorstufe der Diplomarbeit dar. Mit diesen Arbeiten begründete ich das ThemeSearch-Projekt am genannten Lehrstuhl.

Aus der Diplomarbeit ging dann eine Publikation hervor:

  • 1999 – „On Texts, Cases and Concepts“
    (Mario Lenz, Alexander Glintschert)
    XPS 1999: Knowledge-Based Systems – Survey and Future Directions,
    5th Biannual German Conference on Knowledge-Based Systems, Würzburg, Germany,
    March 3-5, 1999, Proceedings
    Springer Verlag, 1999
    ISBN 3-540-65658-8
    Seiten 148-156

Beruf

Im Rahmen meiner Tätigkeit für die Firma MicroDiscovery GmbH, die neben der reinen Softwareentwicklung auch im wissenschaftlichen Umfeld tätig ist, hatte ich erneut Gelegenheit, an mehreren Publikationen mitzuwirken:

Neulich in der Sneak: Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft

Der Film auf MoviePilot.de | Der Film auf IMDB.com

Langsam vergeht das Licht im Kinosaal. Die ewig gleiche Werbung rauscht vorbei, dicht gefolgt von den Filmtrailern, von denen mir nicht einer im Gedächtnis bleibt. Doch das spielt keine Rolle, denn dann geht es auch schon los. „Nach einer wahren Geschichte“ steht für kurze Zeit auf der ansonsten dunklen Leinwand, bevor die Buchstaben wieder verblassen. Der Film beginnt mit einer New Yorker Straßenszene, die sich unschwer in die Zeit der 1920er oder 1930er Jahre datieren läßt. Die Einblendung „1929“ konkretisiert die zeitliche Einordnung noch ein wenig. Die Kamera schwenkt nach oben und rückt eine Hauswand mit einem Firmennamen in den Mittelpunkt: „Charles Scribner’s Sons“.
Ein Mann an einem Schreibtisch, der ein Manuskript redigiert. Ein weiteres wird ihm auf den Tisch gelegt, viele hundert Seiten stark. Auf dem Deckblatt steht „O Lost“. Er beginnt zu lesen… im Büro, in der Bahn und auf dem Fußweg nach Hause, im Kleiderschrank, weil jeder andere Platz im Haus von der Familie in Beschlag genommen wird… so sehr fesselt ihn das Buch und seine wundervolle Sprache. Und mich auch, denn wir Zuschauer hören ihn lesen…
Der Film beginnt ruhig. Und ruhig und bedächtig entwickelt er seine Geschichte, die Geschichte des bei „Charles Scribner‘ Sons“ beschäftigten Lektors Maxwell Perkins und seiner großen Entdeckung Thomas Wolfe.
Thomas Wolfe? Wer war Thomas Wolfe? Ich gestehe: auf diese Frage hätte ich bis heute keine Antwort gewußt. Eine Bildungslücke? Mag sein. Doch dank ihr habe ich heute etwas Neues lernen können. Denn was sich hier auf der Leinwand entfaltet, ist ein Stück Literaturgeschichte. Eines, das mich um so mehr fesselt, als es mir vorher völlig unbekannt war. Namen wie Francis Scott Fitzgerald oder Ernest Hemingway waren mir natürlich bestens bekannt, von beiden habe ich auch schon das eine oder andere gelesen. Beiden war Maxwell Perkins als Lektor verbunden. Doch von Thomas Wolfe hatte ich bis heute noch nichts gehört.
Die Art, wie der Film seine Geschichte erzählt, mögen manche als langweilig empfinden, seine Bedächtigkeit und Ruhe als Langatmigkeit mißinterpretieren. Ich empfinde sie jedoch als Gewinn. Sorgfältig wird die Geschichte der Beziehung zwischen Perkins und Wolfe vor dem Zuschauer ausgebreitet, eine Beziehung, die sich von einer anfänglichen reinen Arbeitsbeziehung in langem Ringen um Wolfes Werke, um jeden Absatz, ja um jeden Satz, hin zu einer Freundschaft entwickelt; einer Freundschaft, die aufgrund der nicht eben einfachen Künstlerpersönlichkeit Wolfes ihre Höhen und Tiefen hat, die schließlich sogar bricht und doch letztlich überlebt. Ich mag diese Art Filme, ob wahr oder nicht, Filme, die Wert auf ihre Figuren legen, sich für sie interessieren und ihnen Raum geben, sich zu entwickeln. Die ihre Triumpfe, aber auch ihre Niederlagen, ihre Selbstzweifel, ihre Schwächen zeigen, ohne über sie zu richten. Es mag – im Sinne des Blockbusterkinos, nach dem Eventhungrige heutzutage verlangen – nicht viel los sein in diesem Film, und doch ist er spannender, mitreißender und um so vieles interessanter als mancher superteure Megafilm.
Man kann über Wolfe im Lexikon nachschlagen. Auch über Scott Fitzgerald und Hemingway wird man darin etwas finden. Doch diesem Film gelingt etwas, was ein Lexikon und auch Wikipedia nicht können: über die reinen Fakten und Lebensdaten hinaus die Geschichte hinter den Büchern zu erzählen. Und zu dieser gehört untrennbar auch der großartige Lektor, ohne den die Werke dieser Autoren (und vieler anderer) vielleicht nie so großartig geworden wären, wie sie es sind.
Und so hat mir der Film die vorhin gestellte Frage beantwortet. Wer war Thomas Wolfe? Auf jeden Fall ein Autor, dessen Bücher nun auf meiner Leseliste stehen.

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Neulich in der Sneak: Knock Knock

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Wieder einmal hat es mich in die Sneak Preview verschlagen, und diesmal gab es einen Film mit Keanu Reeves. „Knock, Knock“ der Titel, den man gleich mal im Englischen belassen hatte – vielleicht, weil „Klopf, Klopf“ dann doch ein bißchen albern geklungen hätte. Regie führte Eli Roth, dessen Namen ich zwar kannte, von dem ich aber bisher nur den Film „Cabin Fever“ gesehen hatte, der die Ehre hat, maßgeblich dazu beigetragen zu haben, daß Horrorfilme mir ein Graus sind.
Wie dem auch sei – in der Sneak ließ ich mich dennoch auf den Film, der geboten wird, ein, und so tat ich es auch bei diesem. Prinzipiell vermute ich erst einmal in jedem Film das Potential, mich positiv zu überraschen. Nun, dieser hatte es definitiv nicht. In meinen Augen ist dieser Film – trotz Keanu Reeves – nichts weniger als absolute Verschwendung von Lebenszeit. Zu keiner Zeit ist er auch nur ansatzweise spannend oder überraschend, und die Figuren sind so uninteressant, wie es nur geht.
Drei Hauptfiguren gibt es: einen Familienvater, der ein Wochenende lang allein zu Haus ist, und zwei junge Frauen, die am ersten Abend im strömenden Regen scheinbar zufällig an seiner Tür stehen und um Hilfe bitten, ihn verführen, anschließend abwechselnd behaupten, Teenager oder Erwachsene zu sein, ihn schließlich gefangennehmen und ihre Spielchen mit ihm spielen, die schnell völlig durchgeknallt werden und in Folter ausarten. Das allein ist eigentlich schon öde genug – ich frage mich immer, wieso man sowas für verfilmungswürdig hält, und wieso es dann Leute gibt, die das für ansehenswert halten. Bei dieser Handlung – die ich jetzt hier leider schon verraten habe, sorry – überrascht es auch nicht, daß der Film daraus nichts mehr machen kann, was mich als Zuschauer auch nur geringfügig interessieren würde.
Soweit wäre das alles ja vielleicht Geschmackssache. Aber was bitte will mir ein Film eigentlich sagen, der es nicht mal für nötig hält, daß ich als Zuschauer etwas über die Motivation und den Hintergrund der drei Hauptfiguren erfahre? Warum handeln sie, wie sie handeln? Dazu sagt der Film so ziemlich genau gar nichts. Ich hatte sogar den Eindruck, selbst die Filmemacher haben sich für ihre Figuren nicht die Bohne interessiert. Die Mädels sind einfach nur durchgeknallt, der Familienvater liebt zwar seine Familie, aber ist eben auch nur ein Mann, der sich angesichts der beiden leckeren Maiden einfach seiner Hormone nicht erwehren kann. Geht’s noch flacher?
Warum Keanu Reeves bei diesem Film nicht nur mitwirkte, sondern auch noch ausführender Produzent war, ist und bleibt mir ein Rätsel. Selten habe ich bei einem Film so früh schon auf die Uhr geschaut und mir gewünscht, er wäre endlich vorbei. Und als er es dann ist, kann ich die Auflösung wirklich nur als Witz bezeichnen – ok, die verrate ich jetzt mal nicht.
Meine Empfehlung: meiden. Der Film ist nicht mal interessant, wenn man sich langweilt.

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An einem Sonntag im Oktober…

Herbst am Engelbecken
Herbst am Engelbecken
Fotograf: Alexander Glintschert

Es war ein grauer Morgen, der da heute früh durch mein Fenster zu mir hereinschaute. Ein Tag zum Im-Bett-Bleiben, wie es schien. Und für eine Weile erschien mir das durchaus als lohnenswerte Möglichkeit. Bis mich mein Magen mit grimmigem Knurren daran erinnerte, daß ich zum Brunch verabredet war. Die Aussicht auf ein kräftiges Frühstück, für das ich nichts weiter tun mußte, als mir das Essen von einem reichhaltigen Büffet zu holen, trieb mich schließlich doch aus dem Bett…
Und so wurde uns heute ein richtig schöner Tag beschieden. War der Brunch im Restaurant Cana schon phänomenal gut, so daß wir uns richtig Zeit ließen, ihn zu genießen, so verzogen sich schließlich auch die grauen Wolken mit ihrem nieseligen Regen und ließen der Sonne ihren wohlverdienten Vortritt. Die perfekte Gelegenheit, dem üppigen Brunch noch einen ausgedehnten Herbstspaziergang folgen zu lassen.
Gibt es etwas Schöneres als einen milden, sonnigen Herbsttag, wenn das Laub der Bäume in bunten Farben schillert und in weiten Spiralen sanft zur Erde schwebt? Ich erinnerte mich an meine Kinderzeit, als ich voller Begeisterung durch das Herbstlaub auf den Wegen stiefelte und es vor mir aufwirbelte. Und es war mir überhaupt nicht peinlich, das jetzt wieder zu tun. Und während wir so von der Fischerinsel durch das Heinrich-Heine-Viertel bis zum Engelbecken und von dort über den Alfred-Döblin-Platz, wieder durch das Heine-Viertel bis zum Spittelmarkt wanderten, von dem wir unseren Weg über den Hausvogteiplatz, den Gendarmenmarkt und den Bebelplatz bis zum Lustgarten fortsetzten, stellte ich wieder einmal fest, was ich doch immer schon wußte: Mein Berlin ist eine schöne Stadt – zu jeder Jahreszeit hat sie ihre ganz besonderen Reize.

Neulich in der Sneak: We Are Your Friends

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Kaum hat der Film begonnen, wird mir klar: es geht um Musik. Okay, das ist gut. Wenig später erkenne ich: es geht um elektronische Musik. Okay, das ist nicht so gut. Ich mag keine elektronische Musik. Die haben Leute verbrochen, die einen Computer darauf programmieren können, hämmernde Rhythmen – Beats, heißt das wohl – in ohrenbetäubender Lautstärke aus Lautsprecherboxen dröhnen zu lassen und – weil das allein dann doch zu langweilig wäre – darüber irgendein mehr oder weniger einfallsloses Melodiebruchstück in gefühlter Endlosschleife zu wiederholen. Aber Musiker sind das doch jedenfalls nicht. Schade, dann wird das heute wohl nichts mit einem guten Film.
Moment… Warum nochmal gehe ich in die Sneak Preview? Richtig. Ich hoffe darauf, Filme zu sehen, in die ich in der festen Überzeugung, daß sie mich nicht interessieren, nie im Leben gegangen wäre. Filme, die mich dann überraschen. Filme, die großartig sind, die mich berühren, mich einen Abend lang unterhalten, die mich zum Nachdenken bringen. Dafür nehme ich das Risiko, eine Gurke zu erwischen, gerne in Kauf. Denn oft genug ist die Rechnung für mich schon voll aufgegangen und ich habe eine persönliche Kino-Sternstunde erlebt, wo ich sie nicht erwartet hätte.
Also beiseite mit den Vorurteilen!
Und was soll ich sagen: der Film hat mich durchaus überrascht. Nicht, weil ich ihn für einen ganz großartigen Film halte. Das wäre dann doch zuviel des Lobes. Was ich ihm zunächst einmal zugute halte, ist: er erzählt eine Geschichte. Es ist die Geschichte des jungen, aufstrebenden DJs Cole Carter, der das College ausgeschlagen hat, weil er Studieren für Zeitverschwendung hält. Der für seine Musik leben will und dafür arbeitet. Er lernt einen erfolgreichen DJ – James – kennen, der ihn fördert, weil er Talent in ihm erkennt. Und in dessen viel jüngere Freundin er sich verliebt. Zugegeben, das ist keine besonders innovative Geschichte. Sie trifft auch so überhaupt nicht meinen Lebensbereich, daß es mir anfangs etwas schwerfällt, mich auf sie einzulassen. Aber der Film schafft es trotzdem, mich mitzunehmen, so daß ich nach einer Weile wissen will, wie es weitergeht.
Was mich jedoch wirklich überrascht hat, ist etwas anderes. Und zwar die Tatsache, daß ich hier tatsächlich etwas lerne – über elektronische Musik, die ich bisher immer ge- und verschmäht habe. Es gibt diese eine Szene, in der James sich eines von Coles Stücken anhört und ihm erklärt, das einzig Lebendige darin sei das integrierte Sample eines einfachen Händeklatschens. Er müsse sich bei seiner Musik auf sich selbst besinnen, auf die natürlichen Klänge in der Welt um ihn herum hören, sich selbst und seine Wahrnehmung, das, was ihn selbst berührt, darin einbringen. Das läßt mich aufhorchen, denn es paßt so gar nicht zu dem Bild, das ich mir von dieser Art Musik gemacht habe. Im Studio des DJs stehen tatsächlich echte Instrumente herum, nicht nur Laptops und Lautsprecher. Und die werden dann auch gespielt. Wie daraus in Verbindung mit dem Computer Musik wird, das zeigt der Film auf eindrucksvolle Weise. Dabei zuzusehen und -zuhören macht mir richtig Spaß. Dem Film gelingt es darüberhinaus, die musikalische Entwicklung Coles darzustellen, von diesem Moment bis zu dem Augenblick, wo er den erhaltenen Rat tatsächlich versteht und es ihm gelingt, ihn umzusetzen.
Natürlich endet diese Geschichte mit einem grandiosen Auftritt Coles vor ganz großem Publikum bei einem Festival, das ist von Anfang an vorhersehbar. Doch diese Auftrittsszene ist richtig gut gelungen. Eingeschnittene Sequenzen zu der Musik, die er dort spielt, machen die Klänge und Geräusche, derer er sich bedient hat, für den Zuschauer erlebbar, lassen seine Musik lebendig werden. Und weil einige davon aus vorherigen Szenen des Films, aus dem Leben Coles und seiner Freunde stammen, wird mir plötzlich eines bewußt: es gibt gute elektronische Musik, und auf das Elektronische kommt es dabei gar nicht an – der Computer ist nur das Instrument. Es ist einfach gute Musik. Weil sie den Zuhörer anspricht. Weil sie eine Geschichte hat, die sie erzählt. Und weil sie eben nicht nur das Geräusch eines programmierten Computers, sondern ein Werk ihres Erschaffers ist, der einen Teil seiner Seele hineingelegt hat. Und so verwundert es mich nicht mehr, als ich mich dabei ertappe, wie ich den Rhythmus aufnehme und mitwippe und wie sich ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitet.
Es ist kein ganz großer Film, der mir da heute gezeigt wurde. Aber es ist ein Film, der mich berührt hat, und der mir etwas zeigte, was ich wegen meiner Vorurteile bisher nicht wußte. Vermutlich werde ich jetzt nicht gleich ein Fan elektronischer Musik werden. Aber ich werde ihr sicher auch nicht mehr so konsequent aus dem Weg gehen wie bisher; und in das eine oder andere aus diesem Genre einmal hineinhören.
Das Wort Techno fiel im ganzen Film übrigens nicht ein einziges Mal…

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